29.06.09 Kleiner Lagazuoi, Kaiserjägersteig und Tu

Geschichtsträchtige und lange Runde über Kriegssteige und durch 1000m Tunnel hindurch zum Pass zurück

Wir lassen uns gegen 6.30 Uhr wecken. Draußen ist ein strahlender Morgen....zumindest am Himmel. Leider kommt dann aber wie immer Bewölkung herein. Bis wir gefrühstückt haben ist der Himmel schon wieder weitgehend bedeckt. Die Nachttemperatur lag bei nur 2,5°C.
Vom Castello Andraz ist es nicht weit hinauf zum Falzarego-Pass. Im Pian di Falzarego tanken wir noch Wasser.
Dann Fahrt durch die markante Gallaria bis hinauf zum Pass.

Dort müssen wir leider feststellen, dass die Seilbahn (2117m) nicht fährt. Vielmehr baut ein ganzer Trupp etwas daran rum.
So müssen wir also doch den Kaiserjäger-Steig mit dem Lagazuoi-Tunnel verbinden.
Der Aufstieg erfolgt vom Parkplatz aus zunächst kurz direkt in Richtung Lagazuoi (breite Skiabfahrtspiste) und dann Richtung Valparolapass links schräg hinauf durch eine deutliche Schuttfläche.
So steigt man etwa bis 2400m auf.

Eine aufwändige Baumstamm-Verblockung und einige wenige Stahlbügel helfen einem über eine kleine Steilstufe im Geröllhang. Dann erreicht man einen kleinen Sattel. Nun fängt das Stahlseil an, denn es geht in eine düstere Schlucht hinein. Wie schon zu Kriegszeiten überbrückt diese eine Stahlseilbrücke. Die moderne Variante ist eine starre Konstruktion. Ein wenig kitzelig ist es schon, da so in 20-50m Höhe über dem Boden die Schluchtwand zu wechseln.
Gegenüber geht es am Stahlseil noch weiter hinauf, bis ein Sattel erreicht ist. Hier sind mehrere alte Stellungen der Österreicher wieder hergerichtet und zum Teil mit Tafeln versehen, die kleine Ausschnitte aus dem Soldatendasein an diesem Berg wiedergeben.
Nun geht es in zum Teil recht losem Geröll weiter bergauf. Vorbei an alten Laufgräben erreicht man steiler werdend die Höhe von etwa 2700m. Nun ist schon das Rifugio Lagazuoi zu sehen. Allerdings entfernt sich der Weg zunächst noch deutlich von der Bergstation. Wir kommen oben an zu einem Zeitpunkt, als die strahlend hernieder scheinende Sonne (was eine Wärme im Aufstieg) sich zügig hinter einer riesigen Wolke versteckt. So ist unser Mittagsrast am westlichsten Ausläufer des Gipfelplateaus nur kurz.
Stattdessen gehen wir über den Gipfel (2778m, gänzlich unspektakulär aber mit toller Aussicht) zum Refugio. Nicht nur von hier, sondern die ganze Zeit hat man einen hervorragenden Blick auf den Falzaregopass – und hört die lärmenden Motorräder aus drei Richtungen diesen Kulminationspunkt anstreben.

Gegenüber liegt der Hexenstein, von dem aus die Österreicher die Italiener am Kleinen Lagazuoi in Schach halten konnten. Aber auch Averau, Nuvolau und Croda die Lago sind gut zu sehen. Und natürlich die drei Tofanes sowie Teile der Fanesgruppe. In der Ferne glänzt das Eisschild der Marmolada herüber und weiter rechts schließen sich Sella, die Cirspitzen und die Puezgruppe an. Durch das ständig wechselnde Licht und die dramatisch wirkenden, dunklen Wolken ändert sich die Landschaft ständig. Die Marmolada ist als höchster Berg Kennzeichen für die Wolkenuntergrenze – und die liegt etwa bei 3000m.

Wir müssen uns an einer Absperrung vorbei drängen, um zum Einstieg des Tunnels durch den Kleinen Lagazuoi zu gelangen. Man hat nämlich im Ersten Weltkrieg einmal komplett durch den Berg ein Stollen getrieben. Insgesamt wurden 1100m Stollen aus dem Fels heraus gesprengt. Der Berg war auf der einen Seite in italienischer und auf der anderen Seite in österreichischer Hand.
Der Grat zur Vorkuppe ist reichlich zertrümmert und besteht nur noch aus losem Geröll. Neben der natürlichen Verwitterung sind viele Sprengungen und Granaten für die Zerstörung verantwortlich.
Man hat gegenüber unseren letzten Besuchen vor 20 Jahren den Zugang erheblich verbessert. Im Gipfelbereich der Vorkuppe sieht man auch etliche Rekonstruktionen.
Nun geht es aber hinein in den Berg. Helm, Lampe und Bergstiefel sind unerlässlich, auch wenn die Begehung heute weitaus angenehmer ist durch die eingebauten Holzstufen.
Im Verlauf des Abstieges auf etwa 2300m bekommt man eine Menge Geschichte gezeigt. Tafeln erläutern einige Stellen. Sogar eine Anlage für gesprochene Texte ist installiert. Offensichtlich aber noch nicht in Betrieb oder schon wieder zerstört, wie viele der Schilder leider auch – wer macht so was nur?
Man hat sehr viele Stollen wieder freigelegt und kann regelrecht auf Entdeckungstour gehen. Man muss nur vorsichtig sein und den richtigen Weg zurück wieder finden.
Wir lassen uns mit dem Abstieg Zeit und besuchen jedes Fenster oder Kaverne (Seilbahn, Motor und Kompressor, usw.). Im Tunnel selbst ist es sehr zugig (Kamin) und kalt. Daher sind uns diese Ausflüge in die Seitenkammern durchaus willkommen.

Immer wieder hat man Tiefblicke hinab zum Pass. Kaum vorstellbar, wie es im Winter in diesen dunklen Gängen gewesen sein muss. Ein wenig Eindruck davon erhält man durch die Rekonstruktionen, die wohl neueren Datums sind.

Am Martini-Felsband kommt man dann wieder ans Tageslicht heraus. Von hier gibt es die Möglichkeit, außen herum dem beschusssicheren Tunnel in die innere Schlucht der Südwand zu folgen. Einige rekonstruierte Baracken und Unterstände sind zu besuchen. Allerdings endet der Weg in einem Blindtunnel (dennoch lohnend aber nicht ganz ungefährlich wegen sparsamer Sicherung; wird ggf. die kommenden Jahre noch verbessert)

Vom Ausstieg geht es gesichert unter einer großen Wölbung hinweg zu einer Scharte, in der für uns noch ein eklig steiles Schneefeld liegt. Normalerweise kann man hier über Schutt steil Richtung Pass absteigen. Gegenüber geht es jedoch heute weiter durch einen kurzen Tunnel. So gelangt man auf die andere Seite der Felsnase, wo der Klettersteig kurz darauf endet. Hier großer Fels mit Überhang und Bänken, ideal zum Umziehen.
Der folgende Weg durch die Geröllhalde unterhalb der steilen Scharte ist eine Meisterleistung des Wegebaus. Hier wurden viele Holzstämme verbaut, damit die Wanderer nicht auf die breite Skiabfahrt hinunter gehen, wo der Abstieg angenehmer ist wie in dem groben Geröll des Weges. Aber das Gras auf dem Skihang soll ungestört wachsen und so folgen wir dem Weg hinunter. Nach knapp 250m Abstieg erreichen wir wieder den Pass. Mittlerweile ist es schon ziemlich spät und es ist fast unwirklich ruhig hier oben. Das Wetter hat sich beruhigt und kein Auto oder Motorrad fährt mehr.

Wir übernachten wieder am Castello Buchenstein – der Platz ist einfach zu genial, um ihn nicht noch ein zweites Mal zu nutzen.

Tourdaten: 780m Anstieg, ca. 5Std Wanderzeit, ca. 7-8km Strecke

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