25.06.2009 Paternkofel Klettersteig

25.06.2009 Paternkofel Klettersteig
Kriegssteig mit Tunneln, Simsen und steilen Rinnen – recht leicht und lohnend – tolle Sicht auf die Drei Zinnen

Wir werden um fünf Uhr geweckt – der Wecker steht auf der falschen Zeit. Um sechs Uhr stehen wir dann aber tatsächlich auf. Wir beeilen uns heute, denn das Wetter soll am Nachmittag schlechter werden. Zunächst aber strahlt der Croda Rossa im milden Morgenlicht zu uns herüber. So könnte es bleiben – wird es aber nicht.

Schnell sind wir wieder bei Misurina und müssen erneut 20 Euro für die Auffahrt zur Auronzo-Hütte (2320m) bezahlen. Heute ist etwas mehr hier los, aber kein Vergleich zu Sommertagen.
Wir starten unseren Zustieg bei durchwachsenem Wetter. Einige Gipfel sind in Wolken gehüllt, andere strahlen in ihrem Schneekleid in der gleißenden Sonne. Zum Glück hält sich über den Drei Zinnen wieder einmal ein Sonnenloch.

Leider steigen wir einen Steig zu früh von der Straße zum Paternsattel aus auf. Das bringt uns zwar 85m höher, aber leider müssen wir wieder absteigen. Ein Geröllfeld verhindert das weitere Vorankommen. Erst kurz vor dem Ref. Lavaredo biegt der richtige Weg (101) ab und führt unterhalb der Kleinen Zinne hinauf zum Paternsattel. Oben steigen zwei Seilschaften in dem rötlichen Fels hinauf – ihre Rufe schallen noch bis zu uns herunter.

Dann ist der Paternsattel (2454m) erreicht. Wir steigen noch etwas hinauf Richtung Passportenkofel, um dann links zu der Wegspur direkt unterhalb der Steilwand zu gelangen. Bei strahlendem Sonnenschein queren wir ein langgezogenes Schneefeld. Zum Glück ist der Schnee sulzig und griffig genug. Auf dem Pfad geht es dann schnell voran. Zwei Felsriegel müssen umstiegen werden und das ein oder andere Schneefeld gequert werden. Schließlich gelangt man, vorbei an alten Unterständen aus dem Ersten Weltkrieg zu dem sogenannten „Frankfurter Würschtl“. Dieser markante Felsturm (2348m) markiert den Einstieg zum Klettersteig. Unterhalb liegt die belebte Drei Zinnen Hütte, wo wohl die meisten Wanderer von der Auronzohütte hin wandern.

Der Weg verschwindet ohne großes Aufheben zu machen einfach in einem Loch. Die Sonne wärmt uns, als wir und zwei andere Pärchen die Klettersteigsachen anziehen.
Und dann geht es in die „Galleria“ hinein. Dieser Stollen aus dem ersten Weltkrieg steigt steil an. Zunächst sind noch einige „Fenster“ in den Wänden, doch dann ist es stockdunkel. Eine letzte Kehre im „Freien“, dann geht es nur noch stetig bergan. Zum Glück sind die alten Steinstufen mit Brettern verkleidet. Und die bei kalter Witterung mögliche Vereisung ist kaum noch vorhanden. So ist es nur anstrengend, in dem dunklen Tunnel hinauf zu steigen.
Zuletzt wird der Weg wieder ebener. Massive Holzstempel stützen die Decke an manchen Stellen. Durch ein betoniertes Schützenloch verlassen wir schließlich den Berg etwa 100m weiter oben wieder. Unglaublich: es hat angefangen zu nieseln. Da wir wegen des Filmens und Fotografierens wieder einmal die Letzten sind, bekommen wir noch mit, dass die beiden am besten ausgerüsteten Steiggeher umkehren und wieder zurück kommen. Der Regen schrecke sie ab und damit verschwinden sie wieder im Tunnel.

Wir aber lassen uns nicht abschrecken und steigen weiter hinauf. Ich gebe ja zu, dass ich schon die Gamsscharte mit dem Fernglas abgesucht habe und das Stahlseil AUF dem Schneefeld gesehen hatte. Daher besteht zumindest eine Chance, dort hinauf zu kommen.

Das zweite Pärchen sitzt vor der ersten kniffligen Stelle und berät sich. Das Stahlseil verschwindet hier in einer massiven Schneewehe. So muss man an dessen oberer Kante entlang balancieren, um gegenüber wieder Fels und das Stahlseil zu erreichen. Keine angenehme Sache, da das Schneefeld sehr steil und die Wand darunter senkrecht ist.
Aber diese erste Prüfung wird von Allen bestanden. Nun geht es eine Felsrippe hinauf. Rechts Schneefeld, links Steilabbruch. Auch hier verschwindet wieder einmal das Seil im Schnee und wir müssen auf einen schmalen Sims ausweichen.

Dann wird´s haarig. Das Schneefeld hinauf zur Gamsscharte ist vollständig noch vorhanden. Zum Glück liegt das Stahlseil auf dem Schnee, so dass wir es zur Sicherung nutzen können. So ist der Aufstieg in der steilen Spalte zwar anstrengend aber abgesichert. Ohne wären wir wohl eher nicht weiter gegangen, denn der Abgrund unter dem Schneefeld sieht gar zu grauslig aus.

Und ein Fehltritt hätte bei der Schräge sofort zu einer unaufhalt-samen Rutschpartie dort hinunter geführt.
Mittlerweile haben wir uns mit Christina und Martin schon ein wenig angefreundet. Zu Viert ist die Tour einfach angenehmer zu gehen, als wenn man alleine der Anspannung ausgesetzt wäre.
Oben angekommen haben wir wieder festen Felsboden unter den Füssen. Leider fängt es nun richtig heftig an zu regnen an. Zum Glück gibt es zwei alte Unterstände im Fels, wo wir es uns gemütlich machen. Die Sicht liegt bei etwa 50m, so dass wir eigentlich nur die gegenüberliegende Aufstiegswand zum 2747m hohen Paternkofel sehen können.
Martin will trotz des schlechten Wetters aufsteigen. Wir kennen die Aussicht ja noch von vor etwa 15 Jahren....und heute ist leider gar keine Sicht mehr zu erwarten.
Mit ihm kommt auch das Regenwasser in kleineren und größeren Rinnsalen den Berg beim Abstieg herab. Auch etwa zehn Polen finden Unterschlupf in den Unterständen, während draußen aus den dichten Wolken heftig eiskalter Regen fällt.
Nachdem es nicht so aussieht, als ob das Wetter noch wieder besser werden würde, entschließen wir uns dann doch dazu, bei Regen die steile Schuttrinne Richtung Passportenscharte abzusteigen. Man muss schon genau hinschauen, um die Spuren zu finden. Doch dann ist der untere Rand der Steilwand erreicht und es geht auf einem Felsband entlang. Das sieht recht ausgesetzt aus und ist ein tolles Fotomotiv. Die 2589m hohe Passportenscharte erlaubt normalerweise einen traumhaften Blick auf die Drei Zinnen. Wir sind froh, dass wir im dichten Wolkentreiben den Weg finden. Nur einen Moment haben wir rückblickend die Gamsscharte im Blick.

Wir wechseln nun die Bergseite und wandern in der westlichen Steilwand über ein ausgesetztes Felsband. Zwei Mal müssen wir noch ein sehr steiles Schneefeld queren. Zum Glück sind noch sehr alte Spuren vorhanden, die es erleichtern, diese kitzligen Stellen zu überqueren. Martin hackt mit seinem Eispickel die Spuren noch ein wenig besser aus dem Schnee heraus.
Erneut bedauern wir, die Zinnen nur vage im Wolkentreiben zu sehen. Was für ein Motiv das wäre! Dafür geben uns unsere beiden Begleiter immer wieder die Chance, im Grau einen Farbklecks zu finden. Mittlerweile ist der Austausch der Bilder schon abgesprochene Sache.

Die letzte Schwierigkeit kommt kurz nach dem letzten Schneefeld. Der Tunnel ist extrem niedrig und völlig dunkel. Ein zuverlässiger Schutz davor, dass Leute auf den Klettersteig gelangen, die dort nicht hin gehören.
Aus der letzten Stellung heraus sind es nur noch etwa 100m bis zum Paternsattel. Sicht gleich Null und leichter Nieselregen begleiten uns im Abstieg. Erst bei der Auronzohütte öffnet sich die Sicht wieder etwas. Die Cadinigruppe ist umwabert von Wolken, der Rest des Panoramas ist verschluckt.
Wir fahren von Misurina aus zum Passo Tre Crozi. Kurz dahinter finden wir nach einem Fehlversuch einen Platz an einer Skiabfahrt. Es schüttet aus Kübeln und es wird früh dunkel, denn der Himmel ist dicht bewölkt.

Die Runde ist bei gutem Wetter und keinen Schneefeldern in den Steilrinnen eine Traumtour. Schon alleine der Blick zu den Drei Zinnen lohnt den Aufwand. Der Klettersteig ist nicht allzu schwierig, allerdings sollte man Helm und Lampe bei sich haben. Die Gänge sind unbeleuchtet und z.T. sehr niedrig. Wir haben abzüglich unseres unnötigen Anstieg vom Anfang eine Höhendifferenz von 350m gemessen. Zeitmäßig kann man das Ganze an einem guten Tag wohl in 3-3,5 Stunden abhandeln. Der Aufstieg auf den Paternkofel (etwa 80m zusätzlich) ist dank der Seilversicherung nicht allzu schwierig.

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