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Sich ergänzende Energiespeicher: LIB und RFB

Die Integration erneuerbarer Energien in bestehende Stromnetze stellt eine signifikante Herausforderung dar, da die volatile Natur von Wind- und Solarenergie stabile und zuverlässige Pufferspeicherlösungen erfordert. Unter den verschiedenen verfügbaren Technologien stechen Lithium-Ionen-Batterien und Redox-Flow-Batterien als vielversprechende Kandidaten hervor. 

In diesem technischen Artikel beleuchte ich kurz die grundlegenden Unterschiede, Vor- und Nachteile sowie die spezifischen Anwendungsbereiche beider Batterietypen als Pufferspeicher für Energiesysteme.

Lithium-Ionen-Batteriespeicher 

Lithium-Ionen-Batterien (LIBs) sind seit vielen Jahren im kommerziellen Einsatz und dominieren den Markt für tragbare Elektronik und Elektrofahrzeuge. Ihre Funktionsweise basiert auf der Bewegung von Lithium-Ionen zwischen einer positiven Elektrode (Kathode) und einer negativen Elektrode (Anode) durch einen Elektrolyten. Während des Ladens bewegen sich die Lithium-Ionen von der Kathode zur Anode, während sie beim Entladen in die umgekehrte Richtung fließen.

Vorteile von Lithium-Ionen-Batteriespeichern: 

  • Hohe Energiedichte: LIBs bieten eine hohe Energiedichte, was bedeutet, dass sie pro Volumeneinheit oder Gewicht eine große Menge Energie speichern können. Dies ist besonders vorteilhaft für Anwendungen, bei denen der Platz begrenzt ist.
  • Hoher Wirkungsgrad: Der Round-Trip-Wirkungsgrad von LIBs liegt typischerweise über 90 %, was zu geringen Energieverlusten während des Lade- und Entladevorgangs führt.
  • Schnelle Reaktionszeit: LIBs können heute sehr schnell geladen und entladen werden, was sie ideal für Anwendungen macht, die eine schnelle Reaktion auf Lastschwankungen erfordern, wie z.B. Frequenzregelung in Verteilnetzen.
  • Modularität: LIB-Systeme können modular aufgebaut werden, was eine flexible Skalierung entsprechend den Anforderungen ermöglicht.

Nachteile von Lithium-Ionen-Batteriespeichern: 

  • Begrenzte Zyklenfestigkeit: Obwohl die Zyklenfestigkeit von LIBs stetig verbessert wird, ist sie im Vergleich zu einigen anderen Batterietechnologien, insbesondere Redox-Flow-Batterien, immer noch begrenzt. Häufige Tiefentladung kann die Lebensdauer verkürzen.
  • Temperaturabhängigkeit: Die Leistung und Lebensdauer von LIBs sind stark temperaturabhängig. Extreme Temperaturen können zu Leistungseinbußen und einer beschleunigten Alterung führen, was den Einsatz aufwendiger Temperaturmanagementsysteme (Klimaanlagen) erforderlich macht, was die Effizienz solcher BESS reduziert.
  • Sicherheitsbedenken: Bei Beschädigung, Überladung oder Kurzschluss können LIBs überhitzen, sich entzünden oder sogar explodieren (thermisches Durchgehen). Moderne Batteriemanagementsysteme (BMS) minimieren dieses Risiko, können es aber nicht vollständig eliminieren.
  • Ressourcenintensität und Recycling: Die Gewinnung von Lithium, Kobalt und Nickel, die in vielen LIBs verwendet werden, ist ressourcenintensiv und mit Umweltauswirkungen verbunden. Das Recycling von LIBs ist komplex und kostenintensiv, entwickelt sich aber stetig weiter.
  • Degradation über die Zeit: LIBs erfahren auch bei Nichtgebrauch eine Selbstentladung und Degradation, was ihre Speicherkapazität im Laufe der Zeit reduziert.

Redox-Flow-Batterien 

Redox-Flow-Batterien (RFBs) stellen eine grundlegend andere Batterietechnologie dar. Im Gegensatz zu herkömmlichen Batterien, bei denen die Energie in festen Elektrodenmaterialien gespeichert wird, speichern RFBs die Energie in Elektrolyt-Lösungen, die in externen Tanks gelagert werden. Diese Elektrolyte werden in eine zentrale Zelle gepumpt, wo die elektrochemischen Reaktionen an inerten Elektroden stattfinden. Die Vanadium-Redox-Flow-Batterie (VRFB) ist der am weitesten entwickelte und kommerzialisierte Typ von RFBs.

Vorteile von Redox-Flow-Batterien: 

  • Unabhängige Skalierung von Leistung und Kapazität: Dies ist der größte Vorteil von RFBs. Die Speicherkapazität wird durch die Menge der Elektrolytlösung und die Größe der Tanks bestimmt, während die Leistung durch die Größe und Anzahl der Batteriezellen definiert wird. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung an spezifische Anforderungen.
  • Hohe Zyklenfestigkeit: RFBs sind extrem zyklenfest, da die Elektrolytmaterialien während des Lade- und Entladevorgangs ihre Aggregatzustände nicht ändern und somit keine strukturellen Veränderungen erfahren. Dies ermöglicht Zehntausende von Zyklen ohne signifikanten Kapazitätsverlust.
  • Lange Lebensdauer: Aufgrund ihrer hohen Zyklenfestigkeit und der Robustheit wesentlicher ihrer Komponenten haben RFBs eine potenziell sehr lange Lebensdauer von 20 Jahren und mehr.
  • Sicherheitsaspekte: Die Elektrolytlösungen der meisten RFBs (insbesondere Vanadium) sind nicht brennbar und nicht explosiv, was sie intrinsisch sicherer als LIBs macht.
  • Geringe Selbstentladung: RFBs zeigen eine sehr geringe Selbstentladung über lange Zeiträume, was sie ideal für Langzeitenergiespeicher macht. Allerdings ist ein Speicher, der nur wenige Male pro Jahr umgeschlagen wird, für den Betreiber unwirtschaftlich
  • Modulare und flexible Bauweise: Ähnlich wie LIBs sind RFBs modular und können an unterschiedliche Leistungs- und Kapazitätsanforderungen angepasst werden.

Nachteile von Redox-Flow-Batterien: 

  • Geringere Energiedichte: Im Vergleich zu LIBs haben RFBs eine wesentlich geringere Energiedichte. Dies bedeutet, dass sie für die gleiche Energiemenge deutlich mehr Platz und Volumen benötigen, was ihre Anwendung mehrheitlich auf stationäre Anwendungen beschränkt.
  • Komplexere Systeme: RFBs erfordern Pumpen, Rohrleitungen und externe Tanks für die Elektrolyte, was das System komplexer macht und höhere Investitionskosten verursachen kann.
  • Geringerer Round-Trip-Wirkungsgrad: Der Wirkungsgrad von RFBs liegt typischerweise zwischen 70 % und 85 %, was etwas niedriger ist als bei LIBs. Dies ist auf den Energieverbrauch der Pumpen und die Verluste in den Elektrolytleitungen zurückzuführen.
  • Temperaturmanagement: Obwohl die Elektrolyte selbst unempfindlicher gegenüber extremen Temperaturen sind als LIBs, müssen die Elektrolyte in einem bestimmten Temperaturbereich gehalten werden, um eine optimale Leistung zu gewährleisten und Kristallisation zu vermeiden.
  • Einsatz von seltenen oder kritischen Materialien: Einige RFB-Technologien, wie die am weitesten verbreitete Vanadium-Redox-Flow-Batterie, sind auf Vanadium angewiesen, das ein potentiell kritisches Material ist und dessen Preis Volatilität unterliegen kann. Da Vanadium jedoch in erheblich größeren Mengen in der Stahlherstellung verwendet wird, ist dieser Aspekt im Moment von untergeordneter Bedeutung. Alternative Trägerflüssigkeiten sind am Markt vorhanden, allerdings nicht so weit in der Entwicklung fortgeschritten wie Vanadium-RFB`s.

Warum Redox-Flow-Batterien (RFBs) noch nicht so verbreitet sind wie Lithium-Ionen-Batteriespeichersysteme (LIB BESS) 

Obwohl Redox-Flow-Batterien (RFBs) vielversprechende Eigenschaften für die Langzeitspeicherung von Energie aufweisen, sind sie derzeit noch nicht so weit verbreitet wie Lithium-Iionen-Batteriespeichersysteme (LIB BESS). Dafür gibt es mehrere Gründe:

1. Energiedichte:

Die Energiedichte von RFBs (50...80W/l) ist im Allgemeinen deutlich geringer als die von Lithium-Ionen-Batterien 200...350 W/kg). Das bedeutet, dass RFBs für die gleiche Speicherkapazität einen größeren physischen Raum einnehmen. Für Anwendungen, bei denen der Platz begrenzt ist (insbesondere mobile Anwendungen), sind Lithium-Ionen-Batterien daher die bevorzugte Wahl. Obwohl für stationäre Speicheranlagen der Platz oft weniger kritisch ist, kann die größere Stellfläche von RFBs dennoch ein Nachteil sein.

2. Komplexität des Systems:

RFB-Systeme sind in der Regel komplexer aufgebaut als LIB BESS. Sie benötigen zusätzliche Komponenten wie Pumpen, Tanks für die Elektrolytlösungen und ein aufwendiges Managementsystem für den Elektrolytfluss. Diese Komplexität erhöht die Systemkosten und den Wartungsaufwand im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien, die eine kompaktere und in sich geschlossene Struktur haben.

3. Kosten:

Historisch gesehen waren die anfänglichen Investitionskosten für RFBs pro Kilowattstunde (kWh) Speicherkapazität viel höher als die von Lithium-Ionen-Batterien in einem bereits entwickelten Markt. Obwohl die Materialkosten für einige RFB-Typen (z.B. Vanadium-Redox-Flow-Batterien) im Laufe der Zeit gesunken sind, sind die Gesamtsystemkosten, insbesondere für kleinere Anlagen, oft immer noch ein limitierender Faktor. Die Massenproduktion und die damit verbundenen Skaleneffekte, die bei Lithium-Ionen-Batterien erzielt wurden, sind bei RFBs noch nicht in gleichem Maße vorhanden.

4. Technologische Reife und Standardisierung:

Lithium-Ionen-Batterien haben in den letzten Jahrzehnten eine enorme Entwicklung durchgemacht und sind heute eine ausgereifte und gut standardisierte Technologie. Es gibt eine breite Palette von Produkten und etablierte Lieferketten. RFBs hingegen befinden sich in verschiedenen Stadien der Entwicklung, und es gibt eine größere Vielfalt an chemischen Zusammensetzungen und Systemdesigns. Dies führt zu einer geringeren Standardisierung und einem höheren wahrgenommenen Risiko für potenzielle Anwender.

5. Forschung und Entwicklung:

Ein Großteil der globalen Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen im Bereich Batteriespeicher floss in den letzten Jahren in Lithium-Ionen-Technologien (NMC/LiFePO4). Dies hat zu schnelleren Fortschritten bei Leistung, Lebensdauer und Kosten von LIBs geführt. Obwohl die Forschung an RFBs intensiviert wird, haben sie einen gewissen Rückstand aufzuholen.

Vergleich der Systeme als Pufferspeicher für Energienetze 

Als Pufferspeicher in Energiesystemen dienen sowohl Lithium-Ionen-Batterien als auch Redox-Flow-Batterien dazu, die fluktuierende Einspeisung erneuerbarer Energien auszugleichen und die Netzstabilität zu gewährleisten. Die Wahl der geeigneten Technologie hängt stark von den spezifischen Anforderungen der Anwendung ab:

  • Kurzzeitige Pufferung und Frequenzregelung: Für Anwendungen, die schnelle Reaktionen und hohe Leistungsdichten über kurze Zeiträume erfordern, wie die Frequenzregelung oder die Glättung von Lastspitzen über Minuten, sind Lithium-Ionen-Batterien aufgrund ihrer schnellen Reaktionszeit und hohen Leistungsdichte oft die bevorzugte Wahl.
  • Langzeit-Energiespeicherung und Lastverschiebung: Für die Speicherung großer Energiemengen über längere Zeiträume (mehrere Stunden bis Tage) zur Lastverschiebung, zur Bereitstellung von Black-Start-Fähigkeiten oder zur saisonalen Speicherung, sind Redox-Flow-Batterien aufgrund ihrer unabhängigen Skalierbarkeit von Leistung und Kapazität, ihrer hohen Zyklenfestigkeit und langen Lebensdauer wirtschaftlich und technisch überlegen. Die geringere Selbstentladung ist hier ebenfalls ein entscheidender Vorteil.
  • Raumbedarf: In städtischen oder raumbeschränkten Gebieten, wo der Platz ein entscheidender Faktor ist, könnten Lithium-Ionen-Batterien aufgrund ihrer höheren Energiedichte von Vorteil sein. Bei größeren Anlagen außerhalb von Ballungsgebieten spielt der höhere Platzbedarf von RFBs eine geringere Rolle.
  • Betriebskosten und Lebenszykluskosten: Obwohl die Anfangsinvestition für RFBs oft höher ist, können ihre extrem lange Lebensdauer und hohe Zyklenfestigkeit zu deutlich niedrigeren Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership – TCO) im Vergleich zu LIBs führen, insbesondere bei Anwendungen mit hoher Zyklenanzahl.
  • Sicherheitsaspekte: Bei Anwendungen, bei denen die Sicherheit der Öffentlichkeit oder der Infrastruktur höchste Priorität hat, bieten Redox-Flow-Batterien aufgrund ihrer inhärenten Sicherheitseigenschaften einen klaren Vorteil.

Fazit 

Sowohl Lithium-Ionen-Batteriespeicher als auch Redox-Flow-Batterien spielen eine entscheidende Rolle bei der Transformation unserer Energiesysteme. Während Lithium-Ionen-Batterien durch ihre hohe Energiedichte, schnelles Ansprechverhalten und modulare Bauweise für Anwendungen mit kürzeren Entladezeiten und hohem Leistungsbedarf glänzen, bieten Redox-Flow-Batterien mit ihrer unabhängigen Skalierbarkeit von Leistung und Kapazität, ihrer außergewöhnlichen Zyklenfestigkeit und inhärenten Sicherheit eine überzeugende Lösung für die Langzeit-Energiespeicherung und die Netzstabilisierung im großen Maßstab.

Die zukünftige Energielandschaft wird wahrscheinlich eine Mischung aus verschiedenen Speichertechnologien sehen, die optimal auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnitten sind. Die Weiterentwicklung beider Technologien – Verbesserung der Kosteneffizienz, Erhöhung der Energiedichte bei RFBs und weitere Steigerung der Zyklenfestigkeit sowie Reduzierung der Umweltauswirkungen bei LIBs – wird mit entscheidend sein, um die Energiewende erfolgreich voranzutreiben.

 August 2025