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Die Carnot-Batterie: Speicher für die Energiewende?!

Die volatile Natur von Wind- und Solarenergie stellt eine der größten Herausforderungen für eine stabile Stromversorgung dar. Um überschüssige Energie aus Phasen hoher Produktion zu speichern und bei Bedarf wieder abzugeben, sind effiziente und großskalige Speichersysteme unerlässlich. Eine vielversprechende Technologie in diesem Kontext ist die sogenannte Carnot-Batterie, die elektrische Energie in thermische Energie umwandelt und speichert. 

Allerdings kämpft auch diese indirekte Stromspeicher-Technologie (Power-to-Heat) mit der Konkurrenz immer günstiger und erheblich verbreiteter eingesetzter Lithium-Batterien. Dennoch lohnt sich ein genauer Blick auf die Technik und die Vorteile.

Prinzipielle Funktionsweise einer Carnot-Batterie 

Der Name "Carnot-Batterie" leitet sich vom Carnot-Prozess ab, einem idealen thermodynamischen Kreisprozess, der die maximale Effizienz einer Wärmekraftmaschine beschreibt. Im Kern funktioniert eine Carnot-Batterie als ein Wärmekraftwerk im reversiblen Betrieb, das heißt, es kann sowohl Wärme in Strom als auch Strom in Wärme umwandeln.

Die Funktionsweise lässt sich in drei Hauptphasen unterteilen:

  1. Laden (Strom zu Wärme): Wenn überschüssiger Strom aus erneuerbaren Quellen (z.B. PV-Anlagen oder Windparks) verfügbar ist, wird dieser genutzt, um eine Wärmepumpe anzutreiben. Diese Wärmepumpe entzieht einem Niedertemperatur-Speichermedium (z.B. Wasser oder Luft, optimalerweise Prozess-Abwärme) Wärme und überträgt diese auf ein Hochtemperaturspeichermedium. Das Hochtemperaturspeichermedium, oft ein Feststoff wie Gestein, Keramik oder spezielle Salze, wird dabei auf sehr hohe Temperaturen (typischerweise zwischen 500 °C und über 1000 °C) erhitzt. Das Niedertemperatur-Medium kann parallel gekühlt werden.
  2. Speichern (Wärme): Die Energie wird in Form von Hochtemperaturwärme im Speichermedium über Stunden, Tage oder sogar Wochen verlustarm gespeichert. Die Wahl des Speichermaterials ist entscheidend für die Speicherdichte und die Temperaturbeständigkeit.
  3. Entladen (Wärme zu Strom): Wenn Strom benötigt wird, wird die gespeicherte Hochtemperaturwärme genutzt, um ein konventionelles Dampfkraftwerk (oder eine Gasturbine im geschlossenen Kreislauf) anzutreiben. Das heiße Speichermedium erhitzt ein Arbeitsmedium (z.B. Wasser zu Dampf), das dann eine Turbine antreibt, die wiederum einen Generator zur Stromerzeugung in Bewegung setzt. Das abgekühlte Arbeitsmedium wird anschließend wieder in den Kreisprozess zurückgeführt.

Vorteile der Carnot-Batterie: 

  • Skalierbarkeit: Carnot-Batterien sind prinzipiell in sehr großen Dimensionen realisierbar und eignen sich daher gut für die Speicherung großer Energiemengen.
  • Lange Speicherdauer: Thermische Energie kann über längere Zeiträume mit geringen Verlusten gespeichert werden, was sie - im entsprechender Größe - ideal für wochenlange Speicherung macht.
  • Kosteneffizienz: Im Vergleich zu elektrochemischen Batterien können die spezifischen Kosten pro gespeicherter Kilowattstunde (kWh) bei großen Carnot-Batterien deutlich geringer sein, insbesondere für lange Speicherdauern. Die Speichermedien (Gestein, Sand) sind zudem oft günstig und reichlich verfügbar.
  • Flexibilität: Sie können sowohl als Spitzenlastkraftwerke als auch zur Stabilisierung des Netzes eingesetzt werden.
  • Nutzung vorhandener Infrastruktur: Die Technologie kann - wie andere Großsspeicher auch - oft auf bestehende Komponenten von Kraftwerken (Turbinen, Generatoren) zurückgreifen.
  • Modulare Bauweise: Ist in kompakter Bauweise auch für z.B. Bürogebäude und mittelständische Industrieanlagen verfügbar.

Praktischer Einsatz als Zwischenspeicher für überschüssigen PV- oder Windstrom 

Carnot-Batterien sind eine der erfolgversprechenden Möglichkeiten, die Lücke zwischen variabler Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und dem konstanten Strombedarf zu schließen. Sie agieren als große "Energietanks", die das Stromnetz stabilisieren und die Integration von immer mehr Ökostrom ermöglichen.

  • Lastverschiebung: Wenn Windkraftanlagen nachts viel Strom produzieren oder PV-Anlagen mittags ihren Leistungshöhepunkt erreichen, kann der Überschuss in der Carnot-Batterie gespeichert werden. Dieser Strom steht dann zur Verfügung, wenn die Erneuerbaren weniger liefern (z.B. abends, wenn die Sonne untergeht, oder bei Windflaute).
  • Netzstabilisierung: Sie können schnell auf Schwankungen im Netz reagieren, indem sie entweder Strom aufnehmen oder abgeben und so zur Frequenz- und Spannungshaltung beitragen.
  • Saisonaler Ausgleich: Theoretisch könnten Carnot-Batterien auch dazu beitragen, Energie von sonnenreichen Sommermonaten in den Winter zu verschieben, obwohl die Verluste über sehr lange Zeiträume noch optimiert werden müssen.

Zwei Beispiele wesentlicher Hersteller/Entwickler: 

  1. "Energy Nest" (Norwegen/Deutschland):
  2. Siemens Gamesa Renewable Energy (Sektion "Thermal Energy Storage" - ehemals "Future Energy System" oder "ETES"):

Neben diesen konkreten Beispielen forschen und entwickeln zahlreiche weitere Unternehmen und Forschungseinrichtungen an Carnot-Batterien oder ähnlichen thermischen Speicherkonzepten. Dazu gehören:

  • MAN Energy Solutions: Entwickelt modulare thermische Energiespeicher für industrielle Anwendungen und die Netzintegration.
  • SaltX Technology (Schweden): Fokussiert sich auf chemische Wärmespeicher (Thermochemical Energy Storage) basierend auf Kalziumoxid -> Kalziumhydroxyd für höhere Speicherdichten.
  • ETH Zürich und DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt): Führen Grundlagenforschung und Pilotprojekte zu verschiedenen Hochtemperatur-Wärmespeichern durch.
  • Absolicon Solar Collector AB (Schweden): Entwickelt konzentrierende Solarthermie-Kollektoren, die Wärme bei hohen Temperaturen erzeugen und speichern können, oft in Kombination mit Phasenwechselmaterialien oder sensiblen Wärmespeichern.
  • Carbon-Clean Technologies (Deutschland): Die Carnot Batterie der carbonclean ist ein Hochtemperatur-Festbettspeicher, der thermische Energie in Keramik speichert. Idee ist, Teile alter Kraftwerksblöcke (Dampferzeugung, Dampfturbinen) zu nutzen.

Die Carnot-Batterie ist eine mögliche Schlüsseltechnologie auf dem Weg zu einer vollständig auf erneuerbaren Energien basierenden Stromversorgung. Ihre Fähigkeit, große Energiemengen kostengünstig und über längere Zeiträume (Stunden bis Tage sind realistisch) zu speichern, macht sie zu einem Baustein für die Stabilität und Effizienz der zukünftigen Energienetze. Während die Technologie noch in der Entwicklung und Skalierung ist, zeigen die bisherigen Fortschritte und Pilotprojekte ihr enormes Potenzial. Die Zukunft wird zeigen, in welchen Bereichen sich thermische Speicher durchsetzen können. Das hängt vor allem auch ab von der Speichergröße, die die Effizienz beeinflusst. Und darin sind thermische Speicher recht flexibel.

 

August 2025