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Festkörperbatterien – die nächste Generation von Batterien?

Technologischer Standard für die Elektromobilität sind heute Lithium Ionen Batterien mit einem flüssigen, brennbaren Elektrolyten bei maximal 300 Wh/kg Energiedichte. Sogenannte Solid State Batterien sollen das Risiko des Batteriebrandes drastisch reduzieren und die Energiedichte deutlich verbessern.

Physikalisch und chemisch sind den in langjährig erprobten Standardverfahren hergestellten Flüssigelektrolyt-Batterien Grenzen gesetzt, die nicht überschritten werden können. Der Mechanismus des internen Ionentransports ist ein wesentlicher Grund dafür. Zusätzlich sind Handhabung und Einsatz von Lithiumionen-Flüssigbatterien problematisch wegen der engen Betriebsfenster. Dies gilt in Bezug auf die Temperatur genauso wie in Bezug auf die Lade- und Entladeströme. Zusätzlich korreliert die Anzahl der möglichen Ladezyklen stark mit dem Einhalten dieser Betriebsfenster.

Dass dennoch etliche Unternehmen in Europa derzeit Großprojekte zur Herstellung von Lithium Ionen Batterien mit Flüssig-Elektrolyt planen, liegt an der Prozesssicherheit. Denn die Fertigung wie auch z.B. die Lieferketten sind erprobte Verfahren.

Noch voll im Gang ist die Entwicklung von strategischen Partnerschaften zwischen Herstellern von Batteriezellen und ihren Abnehmern. Da es derzeit keine wesentliche eigene Fertigungskapazität von LION-Batteriezellen in Europa gibt, sind dies nahezu durchweg Kooperationen mit asiatischen Anbietern:

·     CATL (vor allem für BMW) in Eisenach (14 – 60 GWh)
·     Northvolt (zusammen mit VW, BMW) in Salzgitter (zunächst 12 GWh)
·     Saft-Siemens-Solvay-Manz
·     LG Chem (u.a. für Daimler) in Breslau/Polen (45 GWh)
·     SK Innovation (Daimler) in Komarom/Ungarn (7,5 GWh)
·     Samsung (Daimler) in Göd/Ungarn (2,5 – 16 GWh)
·     BMZ/TerraE in Karlstein (4-8 GWh)
·     Farasis (7. größter Hersteller weltweit) mit Mercedes

(Die in Klammern stehenden Zahlen geben den geplanten Ausbau der Fertigungskapazität an; 09/20219

Noch nicht festgelegt sind die zwei Standorte für die beiden, von der europäischen Union mit über 3 Milliarden geförderten EU-Gigafactorys (Aktualisierung 10.2.2020: Kaiserslautern steht als erster Standort fest). Insgesamt 17 Unternehmen, darunter die BASF, Umicore, Varta und Saft, aber natürlich auch die Automobilkonzerne wie PSA oder BMW, beteiligen sich an deren Aufbau. 2022 soll die erste Anlage in Betrieb gehen, zwei bis drei Jahre später die zweite Fertigung. Ziel ist eine Verringerung der Abhängigkeit von den Rohstofflieferanten (daher auch u.a. eine eigene Lithium-Raffinerie) und Zellenproduzenten in Asien.

Inwieweit die Gigafabrik von TESLA nahe Berlin diese Entscheidungen für zwei europäische Gigafactorys beeinflusst, wird sich in den kommenden Monaten noch zeigen müssen.

Insgesamt schätzt man einen Ausbau der Herstellungskapazität in Europa auf 135 GWh bis 2025 (die Gigafactory von TESLA in Nevada soll im Endausbau über eine Produktionskapazität von ca. 40 GWh verfügen).

Geht man von dem geplanten Ausbau der Elektromobilität in Europa bis 2025 aus, übersteigt der Bedarf an Lithium, Kobalt, Nickel und Graphit die derzeitigen Produktionskapazitäten weltweit um ein Mehrfaches. Zudem verfügt Europa für alle Rohstoffe über keine nennenswerten Vorkommen. Auch die Wiederverwendung aus der Recyclingtechnologie ist keine Lösung bei geschätzten 8 Jahren Lebensdauer der Batterien.

Für Neueinsteiger in den Markt der Autobatterien, die unabhängig sein wollen von den großen, asiatischen Herstellern, gilt zusätzlich, dass sie mit einer neuartigen Zellchemie und neuen Fertigungsprozessen Batterien mit wesentlichen Vorteilen fertigen müssen. Denn Batteriezellen, die auf vorhandenen Produktionsanlagen gefertigt werden können, lassen einem Neueinsteiger keine Chance. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine neue Produktionsanlage in diesem Fall jemals rechnet ist zu unsicher. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Investitionskosten in Milliardenhöhe für eine Gigafactory mit nennenswerter Fertigungskapazität notwendig sind.

Alternativen zu der bisherigen Lithiumionen-Batterietechnologie

Seit kurzer Zeit beginnt sich eine neue Technologie zu etablieren, die vor allem in Bezug auf Betrieb und Materialbedarf eine Chance für die europäischen Batteriehersteller darstellen kann. Dieser Batterietyp verwendet einen festen Elektrolyten, der eine hohe Ionenleitfähigkeit besitzt, gleichzeitig eine gute Isolationseigenschaft für Elektronen (vermeidet Selbstentladung).
Eine Optimierung der Kontaktfläche des festen Elektrolyts mit der Anode und Kathode gilt dabei als Schlüssel für eine hohe Leistungsfähigkeit der Batterie bei sehr hohen Zyklenraten. Unternehmen wie Quantumscape (zusammen mit VW), oder BlueGen (zusammen mit Ford) sind dabei, den Produktionsprozess aus dem Labormaßstab in die Massenproduktion zu übersetzen. Bereits weiter bei dieser Technologie ist Innolith aus Basel, deren Solid State Batterien bereits im rauen Industrieeinsatz ihre ausserordentlich hohe Ladungszyklenfestigkeit bewiesen haben. Über 50.000 mal wurde eine großtechnische Pufferbatterie (2MW) für ein Stromnetz in den USA bereits bei bis zu 2C Ladestrom geladen und entladen.

Noch steckt diese Technologie in den Kinderschuhen. Denn 25 Jahre Vorsprung in der Fertigung von konventionellen Lithium-Batterie kann man nicht innerhalb weniger Jahre aufholen. Dennoch steht außer Frage, dass dieser Zelltyp – sollte die Umsetzung in eine großtechnische Fertigung klappen – wesentliche Vorteile bieten wird. Mit einer günstigeren Herstellung, einem erheblich sichereren Betrieb (keine Entzündung, da vollständig anorganisch) und einer deutlich höheren Energiedichte (bis zu 1000 Wh/kg) bei weitaus höherer Zyklenzahl ist die Festkörper-Batterie geradezu geschaffen für den Einsatz in Elektrofahrzeugen. 1000 km Reichweite bei Elektromobilen sind denkbar sowie leistungsfähige Antriebe für Elektroboote und Elektroflugzeuge. Gerade bei zweiteren ist die Kombination aus Energiedichte und geringem dafür notwendigen Batteriegewicht besonders wichtig.

Ein weiterer Bereich, der große Mengen an Batteriespeicherkapazität benötigt, ist der Ausbau der Netzkapazität für nachhaltige Energie. Diese Pufferbatterien (weltweit größtes Batteriearray in Australien hat 126 MWh Kapazität, gebaut von TESLA) sorgen für den Ausgleich zwischen der fluktuierenden Stromproduktion der regenerativen Energiequellen (Solar, Wind, Biogas) und dem zeitversetzten Strombedarf. Solche MW-Pufferbatterien werden zum Beispiel von Leclanché in Willstädt produziert (LiFePo-Batterien). Leclanche ist zudem für den rasch wachsenden Markt an Elektrofahrzeugen in Indien ein Joint Venture mit Exide Industries eingegangen, um Batteriekapazität im Gigawatt-Bereich zur Verfügung stellen zu können. Doch auch alternative Konzepte wie Redox-Flow-Batterien werden bereits im Großmaßstab eingesetzt, jedoch noch nicht in Massen gefertigt.

Noch im Forschungsstadium befinden sich andere wiederaufladbare Batterietechnologien wie Lithium-Schwefel, Zink-Luft oder Aluminium-Luft. Besonders Akkumulatoren mit dem preiswerten und reichlich vorhandenen Rohstoff Aluminium haben das Potential, mit über 1000 Wh/kg wesentliche Vorteile zu bieten. Abbau der Rohstoffe und Weiterverarbeitung sind erheblich unkritischer wie bei den Problemrohstoffen Lithium (Peru) und Kobalt (Kongo). Allerdings ist eine Markteinführung dieser Batterietechnologie noch nicht in Sicht.

Ein anderer Batterietyp mit ähnlichen Leistungsdaten wie die Feststoff-Batterien wird von der Firma ENEVATE (Kalifornien) angeboten und lizensiert: Die sogenante XFC-Energy(tm) Technologie setzt auf siliziumbasierende Anoden. Dadurch sind die Batterien vor allem schnellladefähig, haben aber auch eine deutlich höhere Speicherkapazität.

Im Rennen sind zusätzlich auch noch beispielsweise die Brennstoffzellen. Sie bieten Vorteile durch die relativ problemlose Zwischenspeicherung überschüssiger Energiemengen aus dem Bereich Solar und Wind in Form chemisch gebundener Energie (Wasserstoff), die dann wieder als elektrische Energie für den Antrieb von Elektrofahrzeugen zur Verfügung steht.

Das Wettrennen um die beste Technologie bei den Batterien der Zukunft ist voll im Gang. Jedoch ist ein Sieger noch nicht absehbar. Neben den Herausforderungen bei der Materialzusammensetzung zur Erreichung einer bestmöglichen Energiedichte bei großer Zyklenzahl ist vor allem die Umsetzung in die großtechnische Produktion der größte Hemmschuh. Egal, welche Technologie eingesetzt wird, sind sehr deutliche Millionenbeträge notwendig, um massentauglich fertigen zu können. Eine Investition in die falsche Technologie kann fatale Folgen haben. Dieser Umstand erklärt ein wenig, warum die Marktteilnehmer noch zögerlich sind bei ihren Plänen zum Aufbau von Fertigungsstandorten in Deutschland oder Europa.

Auch Forschungsinstitute und Excellence Center arbeiten weltweit mit Hochdruck an weiteren Alternativen. So ist das KIT in Karlsruhe zusammen mit der Uni Ulm, dem ZSW in Stuttgart und die Uni Gießen im Cluster POLiS (Post Lithium Storage, also Speicherlösungen nach Lithium) organisiert. POLiS ist Teil der Forschungslattform CELEST (Center of Elektrochemical Energy Storage).

Welche Technologie oder welche Technologien parallel sich am Ende durchsetzen werden, ist heute noch nicht abschätzbar. Zu vielfältig die Forschungsvorhaben, zu vielfältig die technischen Ansätze, die Rohstoffsituation und die Bereitschaft der Marktteilnehmer, sich auf die eine oder andere Lösung festzulegen. Den Feststoff-Akkus rechnet man jedoch eine gute Chance aus, mindestens einen Teil des Marktbedarfes an Batteriekapazität in Zukunft zu decken. So oder so wird die Elektromobilität auf jeden Fall Teil unserer mobilen Zukunft werden.

(September 2019, © Gerald Friederici)