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Die Lawine der verbrauchten Lithium-Ionen-Batterien

Wächst uns der Batterieberg über die Köpfe oder ist Batterie-Recycling die Lösung?

Die Menge an nicht mehr nutzbaren Lithium-Ionen-Batterien aus Elektrofahrzeugen und anderen Anwendungen (z.B. USV) sind in ihrer Menge noch überschaubar. Besonders die Elektrofahrzeug-Batterien werden in vielen Fällen noch einem Second-Life-Circle zugeführt. Sie dienen dann beispielsweise als Pufferbatterie zur netzdienlichen Laststeuerung.

Doch 2020 war nicht nur im Sinne der SARS-CoV-2 Epidemie ein besonderes Jahr. 2020 darf durchaus auch als Startschuß für die sehr bewusste Entscheidung Europas gelten, die Transformation der Energiewirtschaft massiv voran zu treiben. Eines der Anzeicchen dafür ist der sehr deutliche Anstieg der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen.

Der ZDK (Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe) geht in seiner Prognose davon aus, dass der Fahrzeugbestand von etwa 45 Mio Fahrzeugen auch die kommenden Jahre über stabil sein wird. Etwa 58% der Elektrofahrzeuge werden 2025 vollelektrisch sein, der Rest wird Plug-in-Hybrid oder Hybrid sein. Das Chemnitzer Automotive Institute geht von einer Produktion von etwa 1,6 Millionen Elektrofahrzeugen in 2025 aus.

Weltweit geht Strategy Analytics aus Boston in 2025 von einer Gesamtproduktion von 27 Millionen elektrifizierten Fahrzeugen aus. Darin enthalten sind auch die Mild-Versionen mit 48V Technologie.

Es ist also abzusehen, dass einige Jahre nach dem gerade beginnenden Boom an Elektrofahrzeugen eine große Menge verbrauchter Lithiumionen-Batterien anfallen werden. Diese sind zu schade, um rein thermisch aufgearbeitet zu werden. Es stecken heute in jedem Batteriepack mehrere zig Kilo an wertvollen Metallen.

Rohstoffe wie Lithium, Nickel, Kobalt, Mangan und auch Seltene Erden werden derzeit noch nahezu vollständig in großen Minen gewonnen. Millionen Tonnen Gestein werden dazu zerkleinert und danach chemisch und physikalisch behandelt, um daraus die gewünschten Rohstoffe zu gewinnen. Diese Prozesse sind etabliert und am Standort der jeweiligen Minen vorhanden. Anders sieht es beim Recycling von Batterien aus. Hier entwickelt sich gerade erst eine Industrie – mit guten Aussichten auf Auslastung. Denn in einem Zeitalter zunehmenden Umweltbewusstseins wird keiner mehr auf die Idee kommen, solchen Edelschrott z.B. in afrikanische Länder zu verschieben.

Gerade erst hat die BASF auf einer Pressekonferenz beschrieben, wie sie das Batterierecyceln revolutionieren wollen. Als Hersteller von wichtigen Batteriezellen-Komponenten (z.B. Kathodenmaterial) versteht der Chemie-Riese viel von dem, wie man aus einer gebrauchten Batteriezelle die wertvollen Bestandteile herauszieht. Allen voran das aus Umweltgründen in die Kritik geratene Lithium.

Der Chemiekonzern Umicore hat zusammen mit Audi in Belgien die europaweit erste großtechnische Anlage zum Recyceln von Lihtium-Batterien aufgebaut. Bis zu 90% des Kobalts und Nickels können zurückgewonnen werden. Allerdings ist verfahrensbedingt die Rückgewinnungrate bei Lithium (die Batterien werden verbrannt) gering,

Doch auch andere Firmen mischen bei der Entwicklung geeigneter Verfahren mit. Die deutsche Firma Duesenfeld schreddert die Batterien und gewinnt als erstes die dabei freiwerdende Elektrolyt-Flüssigkeit auf. Auch alle Metalle und Plastikbestandteile werden separiert. In mehreren Schritten wird dann auf chemischem Wege die Materialien Graphit, Mangan, Kobalt, Lithium und Nickel mit hoher Reinheit zurückgewonnen.

Auch auf dem asiatischen Markt gibt es bereits länger Bestrebungen, die Lithiumbatterie einem geschlossenen Materialkreislauf zuzuführen. Diese zurück gewonnenen Rohstoff reduzieren die Notwendigkeit, immer neue und größere Lagerstätten weltweit auszubeuten. Das Element Kupfer ist ein Paradebeispiel für solch ein Recycling: über 50% des in Deutschland verwendeten Kupfers wurde bereits einmal verwendet.

Die Firma Botree aus China wurde erst 2019 gegründet und bietet bereits ein „komplettes“ Set an separaten Containerlösungen für die Auslaugung und Extraktion der wertvollen Bestandteile in Batteriezellen. Auch das Kanadische Unternehmen Li-Cycle bietet die Extraktion aller wesentlichen Bestandteile einer Batteriezelle an und baut gerade in den USA eine Einrichtung zu Verarbeitung von bis zu 60.000 Tonnen Batterie-Schrott pro Jahr.

Die Europäische Vereinigung für Elektromobilität (AVERE) beteiligt sich genauso wie verschiedene Fraunhofer-Einrichtungen an der Optimierung des Kreislaufprozesses. Vom Einsammeln der Batterien bis zum Wiedereinsatz der Inhaltsstoffe.

Doch natürlich sind auch die grossen Batterieunternehmen wie Samsung SDI oder Varta ebenfalls in Projekten vertreten, die das Ziel haben, das Recycling von LION-Batterien wirtschaftlich zu machen. Das bedeutet unter anderem auch, dass der nicht unerhebliche CO2-Rucksack, den solch eine Batterie mit sich bringt, in Zukunft geringer werden wird.

Viele dieser Projekte werden betreut von der Hybrid&Electric Vehicle Technology Collaboration unter dem Dach International Energy Agency IEA.

In den kommenden fünf Jahren werden an verschiedenen Standorten weltweit immer größere Recycling-Anlagen entstehen. Die Anzahl von Batterien am Ende ihrer Nutzungszeit steigt gerade an und ermöglicht, solche Anlagen wirtschaftlich zu nutzen. Bis dahin werden weiter verbesserte Verfahren entwickelt und erprobt. Damit der „Bodenschatz“ Lithiumionenbatterie nicht ungehoben bleibt.

12.2020 Copyright Gerald Friederici

April 2021: knapp 250 Firmen haben in China bereits eine Lizenz für das Recycling von verbrauchten Lithium-Ionen-Batterien aus Fahrzeugen erworben. Man sieht in dem Wiederaufbereiten der Altbatterien einen Millionenmarkt. Ausserdem werden dadurch Engpässe in der Versorgung mit schlecht verfügbaren Metallen abgemildert - Ziele bis hin zu 95% Recycling werden als realistisch angesehen.