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Ammoniak als Treibstoff für den Verkehr

Die chemische Verbindung Ammoniak (NH3) besteht aus den beiden Gasen Stickstoff und Wasserstoff. Bisher wird Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren vor allem für die Düngemittelindustrie hergestellt. Doch NH3 ist auch ein hervorragender Energiespeicher.

Das relativ reaktionsträge Element Stickstoff ist zu 78% Bestandteil der Luft, die wir atmen, ist also reichlich vorhanden. Der Wasserstoff wird bislang überwiegend aus Erdgas oder Erdöl-Produkten durch Dampfreformation gewonnen. Dabei entstehen große Mengen Kohlendioxyd, die üblicherweise in die Atmosphäre entlassen werden.

Eine Aufgabe der Energiewende ist, fluktuierende Stromquellen wie Wind und Sonne als Ersatz für Kohle- oder Atomkraftwerke durch ein Speichermedium grundlastfähig zu machen. Dazu muss die gewonnene Energie zwischengespeichert werden. Eines der möglichen Speichermedien sind Lithium-Batterien. Doch für die grossen international benötigten Mengen an Energie, die bislang als „Erdöltanker“ oder „Erdöl-Pipeline“ von dem Produktionsort zum Verbraucher transportiert werden, steht der Wasserstoff als Alternative an erster Stelle.

Doch Wasserstoff ist zusammen mit Sauerstoff hoch explosiv und nur schwer in grossen Mengen zu transportieren. Entweder benötigt man sehr hohe Drücke (etwa 600…700 bar) oder tiefkalte Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt. Auch Alternativen wie Einspeisung ins bestehende Erdgasnetz oder Transport in Trägerflüssigkeiten sind potentielle Lösungen, die alle ihre Berechtigung haben werden.

Insgesamt wird es zu einer Vervielfachung der heutigen Produktionsmenge an Wasserstoff kommen. Für die Düngemittelindustrie, als Kältemittel, für die Eisenverhüttung und die Chemische Industrie – jedoch auch für die Stromerzeugung und den Verkehr: die Wasserstoffverbindung Ammoniak ist ein effizienter Treibstoff. Ähnlich wie Benzin oder Diesel kann auch Ammoniak in einer Verbrennungsmaschine als Energieträger eingesetzt werden. Tatsächlich ist noch nicht einmal ein sehr grosser technischer Aufwand zu betreiben, um die heutige Motortechnik auf den Einsatz von bis zu 80% Ammoniak im Diesel umzurüsten.

Wird der Wasserstoff für die Ammoniak-Synthese durch regenerative Energien erzeugt, wäre also der Treibstoff NH3 Klima-neutral. Da Ammoniak bei sehr moderaten Bedingungen flüssig transportiert und gelagert werden kann, ist sogar die existierende Logistikkette bis hin zur Tankstelle nutzbar.

Bislang stehen dieser umweltfreundlichen Technik einige Hindernisse entgegen. Dies betrifft einerseits die Problematik, dass Ammoniak giftig ist und sich leicht in Wasser löst, weswegen es für Wasserorganismen problematisch ist. Das trifft zwar auch auf Benzin und Diesel zu, jedoch ist Ammoniak bereits bei Raumtemperatur gasförmig, weswegen eine kritische Disposition bei einem Leck wahrscheinlicher ist. Da Ammoniak jedoch bereits seit langem in grossen Mengen verarbeitet wird, gibt es erprobte und bewährte Verfahren der Lagerung und des Transports.

Doch der Hauptgrund liegt im Herstellungsverfahren. Das reaktionsträge Stickstoff-Gas muss durch erheblichen Druck (~200 bar) und Temperatur (~450°C) dazu überredet werden, sich mit dem Wasserstoff zu verbinden. Diese Synthesegasherstellung verschlingt viel der eingesetzten Energie, die nicht im produzierten Ammoniak gespeichert ist. Doch neue Niedertemperatur-Verfahren lassen hoffen. In umgekehrten Brennstoffzellen könnte die Ammoniak-Synthese erheblich effizienter funktionieren, doch derzeit existieren nur Versuchsanlagen mit bescheidenen Produktionsmengen.

Noch ist einige Entwicklungsarbeit zu leisten, um das klassische Haber-Bosch-Verfahren abzulösen, doch dann könnte Ammoniak tatsächlich als massentauglicher Energiespeicher und Treibstoff in Verbrennermotoren Einsatz finden. Produziert, wo viel regenerative Energie zur Verfügung steht, transportabel ähnlich Erdöl und Erdgas und viel umweltneutraler wie bisherige "Verbrennungsprozesse" im Transportwesen.

Copyright Gerald Friederici 12.2020