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Agrivoltaik: Synergie aus Landwirtschaft und Photovoltaik

Agrivoltaik, auch Agrophotovoltaik oder Agri-PV (APV) genannt, beschreibt die simultane Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Erzeugung von Solarstrom und landwirtschaftliche Produktion. 

Agri-PV gilt durch die Doppelnutzung als „fortschrittliche PV-Anlage“ und unterliegen als Energieeinspeise-Anlage einer anderen Betrachtung bei Zulassung und Betrieb wie gewöhnliche Flächen-PV-Anlagen. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass es keine festen maximal belegbaren Flächen für Agri-PV-Anlagen gibt. Auch die innerstaatliche wie europäische Förderung sieht höhere Beträge für AGRI-PV-Anlagen vor.

Für diese Sonderregelung gibt es gute Gründe. Der wichtigste ist: Es gibt keine Flächenkonkurrenz zwischen Lebensmittelproduktion und Energiegewinnung. Eigentlich handelt es sich um eine optimierte Flächennutzung: Lebensmittel- und Stromproduktion gleichzeitig.

Es gibt in der Agrivoltaik unterschiedliche Systeme, wie man die Photovoltaikmodule einsetzt. Besonders im Beeren-, Gemüse- und Ostanbau eignen sich hochgeständerte Solarmodule. Sie ähneln einem Dach und ermöglichen den Einsatz von Maschinentechnik für die Ernte. Die Module können sogar schwenkend montiert werden, so dass sie immer optimal in Richtung Sonne ausgerichtet sind. Besonders in den heißen und trockenen Sommermonaten verhindert die partielle Beschattung Hitzestress und eine übermäßige Wasserverdunstung. Dem etwas geringeren Ertrag stehen Vorteile wie Hagel- und Starkregenschutz gegenüber. Insbesondere Unternehmen in den Niederlanden verfügen bereits über ausgezeichnetes Datenmaterial, um diese Auswirkung zu belegen (z.B. GroenLeven, jedoch auch z.B. Fraunhofer ISE). Der zweite deutliche Nutzen ist die Einspeisevergütung des PV-Stroms, durch die Landwirte eine zweite Einnahmemöglichkeit erhalten.

Flächen für z.B. Getreide oder Wiesen können mit ausreichend Platz zum Mähen oder zum Arbeiten mit anderen schweren landwirtschaftlichen Maschinen durch senkrecht stehenden Solarmodulen unterteilt werden. Dies ist die günstigste Form der Agri-Photovoltaik, denn die Aufstellung der bis zu 3m hohen, bifacialen Module ist vergleichsweise einfach. Auch werden die Module im Winter nicht von Schnee bedeckt und liefern auch dann Strom, wenn flacher angeordnete Module durch den Schnee verdunkelt sind. Ein weiterer Vorteil ist der Schutz vor Wind – also ein ähnlicher Effekt wie bei den Windschutzhecken mit Büschen und Bäumen. Die Bearbeitung des für die Biodiversität wertvollen, nicht nutzbaren Streifens unter den senkrecht aufgestellten Modulen kann jedoch ein Mehraufwand bedeuten.

Natürlich stellen sich Fragen wie Verschmutzung der Solarmodule durch landwirtschaftliches Arbeiten oder die Beschädigung senkrechter Anlagen durch die Bodenbearbeitung. Doch wie bei vielen anderen Entwicklungen auch spielt am Anfang Skepsis und Ablehnung eine große Rolle. Mit Zunahme der Erfahrungen mit real aufgestellten Anlagen konnte allerdings in den vergangenen Jahren bewiesen werden, dass die Rechnung aufgeht und das Schadenrisiko beherrschbar ist. Die stetig größer werdende Messe „SNEC“ in Shanghai zeigt, dass China und die dortige Industrie (z.B.  Trina Solar, BYD, Dyness…) die Bedeutung der Doppelnutzung erkannt hat. Auch in Japan gibt es zahlreiche APV Anlagen mit stark steigender Tendenz.

Vorteile der Agrivoltaik:

Landwirtschaftliche Nutzung:

  • Verschattung und Mikroklima unter den Modulen verbessern die Pflanzenentwicklung bei Hitze und Trockenheit. Weniger Hitzestress in sehr warmen Sommermonaten und geringere Verdunstung durch Verschattung
  • Schutz vor den Auswirkungen von Hagel und Starkregen.
  • Auffangen von Regenwasser und zeitlich verschobene Nutzung
  • Ertragssteigerung bei bestimmten Kulturen (z.B. Obstbäume).
  • Erweiterung der Anbausaison.
  • Förderung der Biodiversität durch Schaffung neuer Lebensräume (z.B. bei senkrecht stehenden PV-Anlagen unter den Modulen).

Photovoltaik und Umwelt:

  • Effizientere Nutzung von Landflächen durch Doppelnutzung (Daumenwert: 160% gegenüber Einzelnutzung)
  • Steigerung der Stromerzeugung durch geringere Temperatur der Module.
  • Beitrag zur Energiewende und Klimaschutz durch Vermeidung von CO2 Emissionen (regenerative Stromerzeugung)

Beispielhaft Hersteller von Agri-PV-Anlagen und Zubehör:

  • Baywa r.e.
  • SolarAgriTech Ltd.
  • Solarwatt, Solaredge
  • IBC Solar
  • SolarFarm Solutions AG
  • AgroSolar Europe
  • GroenLeven
  • Fimer, SMA (Wechselrichter)
  • Centrosolar
  • Voestalpine Sadef
  • Sun Agri

Es gibt zahlreiche unterschiedliche Ausführungen von Agri-Photovoltaik, die an die Kulturen, die landschaftlichen Gegebenheiten und das Klima angepasst werden können. Insbesondere werden immer stärker teiltransparente Module eingesetzt, um den Verlust (Verschattung) an landwirtschaftlichem Ertrag zu minimieren. Neben Freiflächen-APV`s sind besonders stark auch dachintegrierte PV-Anlagen in professionellen Gewächshäusern im Kommen. Auch hier dienen die Solarmodule zur Verschattung (Energieschirm) und gleichzeitig als zweite Einnahmequelle (bzw. zur Deckung des Eigenstrombedarfs z.B. für die Klimatisierung der Hallen). Besonders für Betriebe, die bisher auf Folientunnel-Gewächshäuser gesetzt haben, entfallen mit solchen Systemen regelmäßige Folienwechsel, Plastikmüll sowie Schäden durch Hagel, Sturm oder extreme Hitze.

Beispielhafte Webseite zu diesem Thema

·         https://agri-pv.org/de/

·         https://www.agrivoltaics-conference.org/

·         https://www.agrivoltaics-ife.com/

·         https://www.solarwirtschaft.de/unsere-themen/photovoltaik/freiflaechen-photovoltaik/

·         https://www.eurosolar.org/

·         https://www.baywa-re.de/de/solar/systemanwendungen/agri-pv

Fazit:

Einer Berechnung der Universität Hohnheim zufolge würden - rein rechnerisch -  nur 3% der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland 1/3 des elektrischen  Energiebedarfs decken könnte - ein durchaus nennenswertes Potential.

Agrivoltaik (APV) ist eine innovative und nachhaltige Technologie mit großem Potenzial für die Landwirtschaft und die Energiewende. Sie bietet viele Vorteile für Klima, Landwirtschaft und Stromerzeugung. Vor allem hat APV noch ein bedeutendes Wachstumspotential – die notwendige Technik und die Herstellung sind marktreife, Förderprogramme aufgelegt, rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen - nun müssen die Akteure am Markt diese Chance nutzen.

® Gerald Friederici, 02.2024