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Engpass in der Zukunft der Solarenergie aus Europäischer Sicht

Der günstigste regenerative Strom wird derzeit mit Solarmodulen hergestellt. Und dies, obwohl es die tägliche und saisonale Dunkelflaute gibt. Doch Solarmodule sind in der Massenproduktion günstig herzustellen, einmal installiert weitgehend wartungsfrei und langlebig. Der „Engpass“ besteht eher darin, dass seit Jahren keine nennenswerten Mengen der stromproduzierenden Wafer in Europa hergestellt werden. 

Anfang 2023 ist nur die Schweizer Firma Meyer Burger Hersteller von Photovoltaik-Halbleiter innerhalb von Deutschland. Firmen wie Solarwatt oder Heckert Solar nutzen zur Herstellung der fertigen Solarmodule Wafer von aussereuropäischen Anbietern.

Nach einer erfolgreichen Startphase der Solarindustrie in den Jahren nach der Jahrtausendwende, angefeuert vor allem durch hohe Stromzuschüsse für eingespeisten Strom, kam es Anfang 2012 zu einem Einbruch. Die EEG-Einspeisevergütung wurde drastisch verändert und reduziert. Die in Deutschland vorhandene, im weltweiten Vergleich hervorragende Infrastruktur zur Solarmodulherstellung (z.B. Q-Cell, Solarwatt), brach zusammen. Die durch staatliche Subventionen und massenhafte Produktion günstigeren Solarmodule aus China brachten den deutschen Herstellermarkt zum Zusammenbruch.

Erst 2021 entstand die European Solar Initiative mit dem Ziel, eine integrierte europäische Photovoltaik-Produktion für rund 20 GW jährliche Produktionskapazität zu realisieren. Die Initiative erhält vor allem durch die gravierende Abhängigkeit der EU von China bei den Vorprodukten erheblichen Rückenwind. Solarsilizium, Wafer und Solarglas werden in einem Maß von wenigen Anbietern dominiert, dass eine gefährliche Abhängigkeit entstanden ist.

Allerdings ist der Preisdruck durch die jahrelange Subventionspolitik Chinas und die inzwischen eingespielte hochskalierte Massenproduktion enorm. Kaum ein Unternehmen kann aus eigener Kraft die finanzielle Last tragen, die mit dem Neuaufbau einer industriellen Serienproduktion verbunden ist. Man benötigt seitens der Politik verlässliche Zusagen zur Finanzierung und Hochskalierung. Denn nur durch eine ausreichende Wettbewerbsfähigkeit würde die europäische Solarindustrie auch langfristig einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

So ist auch der Verband „SolarPower Europe“ ein wichtiges Bindeglied zwischen Industrie und den politischen Entscheidungsträgern auf nationaler und europäischer Ebene. 280 Unternehmen und Organisationen bilden ein dichtes Netzwerk von Herstellern, Forschungseinrichtungen und Universitäten. Kooperationen mit der Renewable Hydrogen Coalition und European Solar Initiative ergänzen die Tätigkeiten. Durch gemeinsame Treffen von Branchenvertretern und politischen Entscheidungsträgern werden die Maßnahmen diskutiert, die für einen zügigen Ausbau der Solarindustrie in den nächsten wenigen Jahren notwendig ist, um eine über 90% Abhängigkeit von China abzumildern und eigene Entwicklungen bei der Solarenergie-Gewinnung umzusetzen.

BayWa re bezog 2020 Solarmodule mit einer Leistung von 4 Gigawatt – eine Menge, die die Produktionskapazität von Solarwafern in Europa bei weitem übertroffen hat. Und auch wenn BayWa einer der größten EPC-Unternehmen Europas ist, steht diese Menge nur stellvertretend für die Ausbaugröße, die für eine Transition der Energiegewinnung hin zu regenerativer Energie bis 2030 notwendig wäre: mind. 16 GW pro Jahr. Und das nur in Deutschland!

Energieinvestoren wie EIT InnoEnergy (EU geförderter Investitionsfonds) beteiligen sich an zahlreichen Unternehmen und leiten so benötigte finanzielle Mittel zu den auf die Energiewende spezialisierten Unternehmen. Forschung, Innovationen und Unternehmen werden unterstützt und durch das Netzwerk in Kontakt gebracht mit Unternehmen wie ABB, BMW, EDF, Engie, Naturgy oder Volkswagen und Northvolt. Der CEO Diego Pavia betont, dass die Situation zum Hochfahren der Solarindustrie trotz aller aktuellen Probleme ideal sei und die EU-Kommission aufgefordert ist, durch ein vertrauensvolles Umfeld zusammen mit regionalen Champions den Prozess zu beschleunigen. Tesla sei ein gutes Beispiel dafür, wie schnell auch in Deutschland eine Gigafertigung aufgebaut werden könnte (Redaktion: ganz im Gegensatz zu den beiden innerdeutschen Standorten für eigene Produktion)

Am 9. Dezember 2022 ist als Teil des RePowerEU-Plans die "European Solar Photovoltaic Industry Alliance (ESIA)" gegründet worden. Auch sie hat die Aufgabe, die verschiedenen Parteien in ihrem Bemühen zu koordinieren, die europäische Abhängigkeit hinsichtlich Produkte, Produktion und Energiegewinnung im Solarenergiebereich zu reduzieren (“Important Project of Common European Interest” (IPCEI)).

Auch mittelständische Hersteller von Solarmodulen wie Heckert Solar, Solarwatt oder Aleo Solar hoffen darauf, in naher Zukunft auch auf Solarwafer aus europäischer Fertigung zugreifen zu können.

Noch beträgt der Anteil der Solarenergie nur etwa 11% der gesamten Stromerzeugung aus regenerativen Quellen (Photovoltaik, Windenergie, Wasserkraft, Biomasse). 2,2 Millionen Anlagen lieferten 2022 rund 58 TWh. Das Ziel bis 2030 liegt für die Photovoltaik bei ca. 30% Anteil, was 200 GW installierter Leitung entspricht (Stand 2022: 66 GW). Ein erreichbares Ziel, dass nicht im Wettbewerb stehen muß mit der Produktion landwirtschaftlicher Flächen. Von schwimmenden Photovoltaik-Anlagen über konsequente Nutzung von Dachflächen bis zur Nutzung ehemaliger Abraumgebiete z.B. der Braunkohle stehen ausreichend Flächen zur Verfügung.

© Gerald Friederici 03/2022