AEM-Elektrolyse - die 3. Generation der Elektrolysezellen?!
Die AEM (Anion Exchange Membrane) Elektrolyse gilt als die dritte Generation der Wasserstoffproduktion. Sie vereint die Vorteile der zwei gängigen Technologien: die hohe Flexibilität der PEM-Elektrolyse mit den Kostenvorteilen der alkalischen Elektrolyse (träge Reaktion bei Laständerung). AEM reagiert dynamisch auf die schwankende Stromversorgung aus erneuerbaren Energien und benötigt gleichzeitig keine teuren Edelmetalle. So werden Herstellungs- und Produktionskosten gesenkt.
Die Vorteile der AEM-Elektrolyse
Die Anionenaustauschmembran (AEM)-Elektrolyse wird oft als die "dritte Generation" der Elektrolyse bezeichnet, da sie die Stärken der etablierten Verfahren kombiniert.
- Kostenvorteile: Im Gegensatz zur PEM-Elektrolyse (Protonen Austausch Membrane), die teure Edelmetalle wie Platin und Iridium als Katalysatoren benötigt, verwendet die AEM-Elektrolyse kostengünstigere Materialien wie Nickel, Eisen und Kobalt. Da sie in einem alkalischen Milieu arbeitet, sind diese Materialien stabiler. Dadurch sinken die Investitions- und Betriebskosten erheblich.
- Hohe Dynamik und Flexibilität: Im Vergleich zur alkalischen Elektrolyse (AEL), die träge auf Laständerungen reagiert, ist die AEM-Elektrolyse dank ihrer Membran-Struktur sehr dynamisch. Sie kann schnell auf die schwankende Stromzufuhr aus erneuerbaren Energien (Wind und Solar) reagieren und eignet sich daher hervorragend für die Sektorkopplung.
- Kompaktheit und Effizienz: Die AEM-Technologie ermöglicht hohe Stromdichten und ist damit kompakter als herkömmliche alkalische Elektrolyseure. Sie verbindet die Platzersparnis der PEM-Elektrolyse mit den geringeren Materialkosten der alkalischen Elektrolyse.
- Wasservoraussetzungen: Ein weiterer Vorteil ist, dass AEM-Elektrolyseure eine geringere Reinheit des Wassers tolerieren als PEM-Elektrolyseure, was die Komplexität des Wassersystems reduziert (ein oft unerwähnter Faktor, denn die notwendige Wasseraufbereitung zum vollentsaltzten Wasser zur Vermeidung von Katalysator-Vergiftung kann erhebliche Effizienzeinbußen mit sich bringen)
Warum wurde die AEM-Technologie bisher weniger forciert?
Obwohl die AEM-Technologie vielversprechende Vorteile bietet, ist sie noch nicht so weit verbreitet wie die PEM-Elektrolyse. Dies liegt hauptsächlich an ihrem jüngeren Entwicklungsstand und den damit verbundenen technischen Herausforderungen:
- Membran-Stabilität: Die größte Herausforderung war und ist die Entwicklung von robusten und langlebigen Membranen (AEMs), die im alkalischen Milieu stabil bleiben. Die bislang verfügbaren Membranen weisen noch eine höhere Degradationsrate und kürzere Lebensdauer auf als die Membranen der PEM-Elektrolyse.
- Technische Reife und Skalierung: Die AEM-Technologie hat noch nicht die gleiche technische Reife und die Erfahrungswerte in der großtechnischen Anwendung wie die PEM- oder alkalische Elektrolyse. Die Skalierung von Laborsystemen auf industrielle Größenordnungen ist komplex und erfordert weitere Forschung und Entwicklung.
- Katalysator-Entwicklung: Auch die Forschung an leistungsfähigen, edelmetallfreien Katalysatoren für die AEM-Elektrolyse ist ein fortlaufender Prozess. Die Effizienz muss weiter gesteigert werden, um mit den etablierten Technologien konkurrieren zu können.
Nicht ganz unerwähnt bleiben soll die Hochtemperaturelektrolyse per Solid Oxyd Technologie (SOEC). Diese Form der Elektrolyse befindet sich noch stärker in der Entwicklung und erfordert hohe Temperaturen von 750....800°C. Der Vorteil ist eine deutlich höheren elektrischen Wirkungsgrad und ein bereits sehr reiner Wasserstoff.
Bekannte Unternehmen aus dem AEM-Bereich
AEM-Elektrolyseure werden im Vergleich zu PEM- oder alkalischen Elektrolyseuren noch nicht in großem Maßstab produziert. Viele Unternehmen konzentrieren sich auf die Entwicklung und Optimierung von Prototypen und Pilotanlagen, um die Technologie zur Marktreife zu bringen. Die Forschung und Entwicklung von neuen Membranen und Katalysatoren, die Skalierung der Produktion und der Aufbau von Lieferketten erfordern zudem erhebliche Investitionen. Trotz der im Moment noch entstehenden Verluste investieren Risikokapitalgeber und strategische Partner weiterhin in AEM-Unternehmen. Sie sehen das langfristige Potenzial, die Kosten in der Wasserstoffproduktion zu senken und die Energiewende voranzutreiben, müssen im Moment jedoch nach wie vor Kapital zuschießen. Diese Situation ist typisch für eine disruptive Technologie, die versucht, in einen etablierten Markt einzutreten.
- Enapter ist ein Pionier und gilt als technologischer und kommerzieller Marktführer im Bereich der AEM-Elektrolyse. Enapter hat unter anderem den AEM Multicore, einen Megawatt-Elektrolyseur, entwickelt und in Betrieb genommen, der die Skalierbarkeit der AEM-Technologie unter Beweis stellt.
- Sunfire: Das deutsche Unternehmen Sunfire forscht in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) an der Skalierung der AEM-Technologie für industrielle Anwendungen.
- Evonik Industries: Mit ihrer Marke Duraion™ ist Evonik im Bereich der AEM-Technologie (Marl) aktiv und verspricht geringere Investitionskosten für die Elektrolyse.
- Hyto-Life nutzt ebenfalls die zukunftsweisende Anionen-Austausch-Membran (AEM) Elektrolyse, um grünen Wasserstoff zu produzieren.
- Sumitomo Bakelite: Dieses Unternehmen hat eine eigene Projektgruppe ins Leben gerufen, um die Massenproduktion von AEM-Membranen voranzutreiben. Das Unternehmen plant, bis 2030 ein Massenproduktionssystem für AEM-Membranen zu etablieren. Sie verwenden dabei ein proprietäres, PFAS-freies Material, das sie selbst entwickelt haben.
- Cipher Neutron (Kanada): Das Unternehmen hat eigene AEM-Elektrolyseure entwickelt, die eine sehr hohe Effizienz (über 90 % auf HHV-Basis) erreichen und dabei vollständig auf Platingruppenmetalle (PGM) verzichten. Cipher Neutron arbeitet ebenfalls an reversiblen Brennstoffzellen, die sowohl Wasserstoff produzieren als auch Strom erzeugen können.
Forschungseinrichtungen: Auch Forschungsinstitute wie das Zentrum für Brennstoffzellen-Technik GmbH (ZBT) in Duisburg und das Forschungszentrum Jülich treiben die Entwicklung der AEM-Technologie voran, indem sie an der Verbesserung von Katalysatoren, Membranen und Herstellungsverfahren arbeiten.
Auch im Bereich der Membranherstellung gibt es mehrere Firmen, die entsprechende Folien für die AEM-Elektrolyse anbieten:
- AGC: Das Unternehmen bietet unter seiner Marke FORBLUE™ SELEMION eine Reihe von Ionenaustauschmembranen an, die auch für die Wasserelektrolyse geeignet sind. Sie entwickeln sowohl Kationen- als auch Anionenaustauschmembranen und heben speziell AEMs für die Wasserelektrolyse hervor. Ihre Membranen basieren sowohl auf Kohlenwasserstoffen als auch auf Fluorpolymeren.
- Chemours: Chemours ist vor allem für seine Marke Nafion™ bekannt, die den Markt für PEM-Membranen (Proton Exchange Membranes) dominiert. Obwohl ihr Fokus traditionell auf Protonenleitern liegt, kooperiert Chemours auch mit Unternehmen, die auf AEM-Technologie spezialisiert sind, wie z. B. Versogen. Ziel dieser Partnerschaften ist es, das Wachstum der AEM-Technologie zu unterstützen, um ihr Produktportfolio im Bereich der grünen Wasserstofferzeugung zu diversifizieren.
- Syensco: Als führender Hersteller von Spezialpolymeren bietet Syensco (ehemals Solvay) eine breite Palette an Werkstoffen für die Wasserstoffwirtschaft an. Sie entwickeln Membranen und Polymere für Elektrolyseure, darunter auch Materialien für alkalische und AEM-Anwendungen. Ihre Produkte, wie z. B. Udel® Polysulfon, sind für ihre chemische und thermische Stabilität in rauen alkalischen Umgebungen bekannt, was sie zu idealen Werkstoffen für Membranen und Zellrahmen in AEM-Elektrolyseuren macht.
Und die Zukunft?
Insgesamt steht die AEM-Elektrolyse an einem Wendepunkt. Obwohl der Markt heute noch von den etablierten PEM- und alkalischen Technologien dominiert wird, bietet AEM eine einzigartige Kombination aus Kosteneffizienz und dynamischer Flexibilität, die sie zur idealen Lösung für die volatile Stromversorgung aus erneuerbaren Energien macht. Mit den kontinuierlichen Fortschritten in der Materialwissenschaft und der wachsenden globalen Investitionsbereitschaft könnte die AEM-Technologie in den kommenden Jahren den Durchbruch schaffen und sich als Schlüsseltechnologie für die kostengünstige und nachhaltige Produktion von grünem Wasserstoff etablieren. Doch wie bei dem Thema „Wasserstoff“ insgesamt wird erst die Zukunft zeigen, wohin der Markt sich entwickelt.