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LOHC`s oder Ammoniak - Speicher für den Energiespeicher Wasserstoff?

Wasserstoff gilt als einer der Hoffnungsträger für die Speicherung von elektrischer Energie in der Zukunft. Per Elektrolyse und Brennstoffzelle ist ein weitgehend emissionsfreier Kreislauf möglich, sofern regenerativer Strom zur Wasserstoffgewinnung eingesetzt wird. Problem dabei: Die Lagerung und der Transport von Wasserstoff sind entweder mit einem extremen Platzbedarf oder einer aufwändigen Komprimierung oder Tiefkühlung verbunden.

Wasserstoffgas hat unter Normaldruck einen sehr geringen nutzbaren Energiegehalt pro Volumeneinheit verglichen mit Lithium-Ionenspeichern oder fossilen Brennstoffen. Um eine vergleichbare Energiedichte zu erreichen muß H2-Gas soweit verdichtet werden, dass es bei Raumtemperatur flüssig wird. In heutigen Druckspeichern für Wasserstoff werden 700 bis 900 bar verwendet. Der Energieaufwand für solche Kompressoren mit so hohe Drücken schmälert merklich die Effizienz des Gesamtsystems.

Die andere Alternative ist die Verflüssigung zu LH2 bei etwa -253°C. Dieser Vorgang ist ebenfalls sehr Energie-intensiv. Hinzu kommen Lagerungs- und Transportverluste, da tiefkalter Wasserstoff auch bei bester Behälterisolation langsam anfängt zu verdampfen.

Eine mögliche Lösung der Speicherung von Wasserstoff über lange Zeiträume stellen LOHC`s dar. Diese „Liquid Organic Hydrogen Carrier“ sind in der Lage, Wasserstoff chemisch zu binden. Eines der geeigneten Trägermedien ist Thermalöl , das weltweit in großen Mengen eingesetzt wird. Durch einen Katalysevorgang (Hydrierung) bindet es bis zu 6 vol% Wasserstoff in seinen Molekülen. Durch eine Erwärmung (ca. 300°C) und einem Katalysator gibt das Thermalöl das gebundene Wasserstoffgas (Dehydrierung) wieder frei.

Thermalöl verhält sich ähnlich Benzin oder Diesel, es passt dadurch hervorragend in die bestehende Transport- und Tankinfrastuktur. Zusätzlich ist es ungiftig, nicht brennbar und langfristig einsetzbar (also im Kreislauf). In einem Fahrzeug könnte durch eine Brennstoffzelle das zurück gewonnene Wasserstoffgas schließlich wieder in Elektrizität und damit Antriebsenergie verwandelt werden. Aufgebrauchtes, dehydriertes Thermalöl (LOHC) kann beim Tankvorgang abgepumpt werden und durch hydriertes Öl ersetzt (Kreislaufprinzip).

Noch sind einige technische Hürden vorhanden (z.B. die hohen Temperaturen bei der Dehydrierung), doch einem stationären Einsatz (z.B. Blockheizkraftwerke, Energiespeicher zur Pufferung von überschüssiger Wind- und Solarenergie) steht prinzipiell nichts entgegen. Wie bei anderen möglichen Lösungen zur Energiespeicherung fehlt es auch hier im Moment noch an der Wirtschaftlichkeit durch den fehlenden Skaleneffekt. Doch für den finden sich die ersten industriellen Kooperationen wie z.B. Hyundai mit dem Erlanger Spezialisten Hydrogenious LOHC Technologies GmbH. Mit bei der Partie sind u.a. auch Mitsubishi, Covestro und Royal Vopak mit dem Ziel, Wasserstoff „aus der Pfandflasche“ verfügbar zu machen. Denn die Lagerung größerer Mengen Wasserstoff in Ballungsgebieten sowie die Verteilung von hochkomprimiertem oder tiefkaltem Wasserstoff in Großstädten wird als problematisch angesehen.

Ein weiteres Beispiel für das Interesse an LOHC`s ist Japan. Als einer der Vorreiter der Wasserstofftechnik wollte man anläßlich der Olympischen Spiele 2020 mit einer Schiffsladung Methylcyclohexan (MCH, C7H14) aus Brunei aufzeigen, dass der Transport von großen Mengen Wasserstoff über weite Distanzen möglich ist. MCH ist neben N-Ethylcarbazol und Dibenzyltoluol eine weitere Möglichkeit der Wasserstoffspeicherung, die zurzeit intensiv untersucht wird. Auch hydriertes MCH würde auf eine bestehende Logistikkette zurückgreifen.


Ammoniak als Speicher für Wasserstoff - eine noch recht neue Idee für die Nutzung des Energiespeichers H2 

Das stechend riechende Gas NH3 wird seit über 100 Jahren mit Hilfe des Haber-Bosch-Verfahrens hergestellt. Bei hohen Drücken und Temperaturen um die 450°C verbinden sich über einem Katalysator atmosphärischer Stickstoff mit Wasserstoff. Bislang wird Ammoniak in großem Stil zur Produktion von Düngemitteln hergestellt und trägt wesentlich zur Ernährung der Weltbevölkerung bei. Seit langem wird auch Ammoniak als Vorprodukt eingesetzt, um das für die Metallverarbeitung wichtige Wasserstoffgas zu generieren (Hydrogen Generator).

Eine noch recht neue Entwicklung ist die Nutzung der Stickstoff-Wasserstoff Verbindung als Energiespeicher für regenerativ gewonnenen Strom. Mit dem umgekehrten Haber-Bosch-Verfahren eines Ammoniak-Crackers ist es 2019 gelungen, Wasserstoffautos von Toyota und Hyundai zu betreiben. Bei diesem Verfahrensschritt entsteht neben dem Wasserstoff für die Brennstoffzelle nur noch Stickstoff, der reichlich in der Atmosphäre enthalten ist (78%) sowie Wasser aus der Brennstoffzelle.
Der Vorteil dieses Verfahrensschrittes: Die Lagerung und der Transport von Ammoniak-Gas ist bedeutend einfacher zu realisieren wie bei reinem Wasserstoffgas. Auch ist der Energiegehalt von NH3 etwa doppelt so hoch wie bei reinem Wasserstoffgas.

Doch wie bei jedem Verfahren, mit dessen Hilfe am Ende Wasserstoff für eine emissionsfreie Energiegewinnung verwendet werden soll, muß auch die Herstellung CO2-neutral sein. Dazu muß das Haber-Bosch-Verfahren noch angepasst werden (z.B. durch effektivere Katalysatoren, Einsatz von regenerativem Strom zur Herstellung des Wasserstoffs für das Verfahren usw.), denn bislang werden ca. 1,5 Tonnen CO2 emittiert, um 1 Tonne Ammoniak herzustellen. Zusätzlich werden auch alternative Syntheseverfahren untersucht.

Noch steht dieses Verfahren zur Energiespeicherung am Anfang seiner Entwicklung. Aber wie bei den LOHC`s sind die Vorteile bei Transport und Lagerung (Verflüssigung bei -33 Grad bzw. moderatem Druck von 7,5 bar) sowie "Tankbarkeit" nicht zu unterschätzen. Wegen etlicher technischer Hürden wird es wohl aber noch einige Jahre dauern, bis diese Speichermöglichkeit für den breiteren Markt zur Verfügung steht. Die Ammonia Energy Association AEA zählt in ihrer Mitgliederliste etliche weltweit operierende, namhafte Unternehmen auf. Sie alle engagieren sich dafür, Energie nachhaltiger zu produzieren und zu speichern. . 

Ergänzung: 09.07.2020

Die Unternehmen Air Products, ACWA Power und NEOM haben ein gemeinsames Projekt bekannt gegeben. Man will ab 2025 ca. 4 GW Ammoniak als Wasserstoffspeicher herstellen.

© 03/2020 Gerald Friederici

(09/2020) Erste Lieferung von synthetischem Ammoniak für Japan

Ende September startete der Schiffstransport von 50 Tonnen blauen Ammoniaks von Saudi Arabien nach Japan. Initiator dieser Aktion sind Aramco und die IEEJ (Institute of Energy Economics Japan). Obwohl dieser "Wasserstoff (Ammoniak: NH3)" keineswegs CO2- neutral ist, da er mit Hilfe von fossilen Rohstoffen hergestellt wurde, dient dieser erste Schritt dazu, Verfahrenstechniken, Lieferketten und Nutzung zu testen und zu optimieren. NEOM hat angekündigt, ab 2025 bis zu 1,2 Millionen Tonnen/a an 100% grünes Ammoniak, also unter Verwendung regenerativer Energiequellen, herzustellen. Dennoch ist dieser Zwischenschritt von Aramco zusammen mit Mitsubishi wichtig zur Erprobung. Ausserdem liegt es natürlich im Interesse des weltweit größten Besitzers von Erdölquellen, dieses neue Geschäftsfeld mit abzudecken - auch wenn es eben nicht CO2 neutral ist.

Noch völlig unklar ist die Bewertung von solchen CO2- armen oder CO2-neutralen Herstellverfahren und deren CO2-Besteuerung. Aus Umweltsicht muß eine CO2-Besteuerung einen Anreiz bieten, die CO2-neutrale Version von NH3 zu bevorzugen. Daran wird gerade gearbeitet. Doch nicht nur die Ammoniak-Herstellung ist eine Möglichkeit, Wasserstoff zu "speichern". Auch Methanol kann eine Lösung sein, denn die Synthetisierung von Methanol "verbraucht" ja zunächst bei der Herstellung sogar CO2 aus der Atmosphäre.

In der internationalen Bewertung von CO2-reduzierten und -freien Verfahren zur Energiespeicherung ist noch einige Arbeit zu leisten. Der Anfang ist auf jeden Fall gemacht.

Weitere Anlagen für Düngemittel-Ammoniak

Ammoniak NH3 kann auch als Ausgangsstoff genutzt werden für die Düngemittelproduktion. Durch Elektrolyse von Wasser mit regenerativem Strom (ergibt grünen Wasserstoff) und Verbindung mit Stickstoff entsteht Ammoniak.

Monolith Materials will weitgehend CO2 frei Ammoniak in Nebraska/USA für die Düngemittelproduktion herstellen . (Die derzeitige Herstellweise der Düngemittelproduktion ist für ca. 1% des weltweiten CO2 Ausstoßes verantwortlich.) Die Anlage wird fossilies Methan pyrolisieren und daraus NH3 herstellen.

Yara (Norwegen) will mit Oersted`s Strom aus erneuerbaren Quellen (Wind) einen 100 MW Elektrolyseur in den Niederlanden betreiben, um grünes Ammoniak herzustellen (Ziel: 2025). Es besteht eine Kooperation mit NEL für den Elektrolyseur.