Der Nord-Süd-Trail (NST) ist ein ambitioniertes Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, Deutschlands nördlichsten und südlichsten Punkt zu Fuß zu verbinden. Mit einer Gesamtlänge von beeindruckenden 3.620 Kilometern erstreckt sich dieser Fernwanderweg von Sylt im Norden bis zum Haldenwanger Eck im Süden.
Der NST ist mehr als nur ein Wanderweg. Er ist eine Reise durch die vielfältige Landschaft Deutschlands. Wanderer durchqueren Wälder, Wiesen, Moore, Berge und Täler, passieren Flüsse und Seen und erleben die kulturelle Vielfalt unseres Landes. Der Trail führt durch zahlreiche Naturparks und Schutzgebiete und bietet somit ein unvergessliches Naturerlebnis.
Highlights entlang des Trails
Entlang des Nord-Süd-Trails gibt es unzählige Highlights zu entdecken: Von den Dünen Sylts über die weiten Flächen der Norddeutschen Tiefebene bis hin zu den majestätischen Alpen – der NST bietet eine beeindruckende Vielfalt an Landschaften. Ein Großteil des Trails verläuft durch geschützte Naturräume, die eine einzigartige Flora und Fauna beherbergen.
Der Trail führt auch durch zahlreiche Städte und Dörfer, in denen die Wanderer die regionale Kultur und Geschichte kennenlernen können.
Wer den Nord-Süd-Trail wandern möchte, sollte sich gründlich vorbereiten. Dazu gehört eine sorgfältige Planung der einzelnen Etappen, die Auswahl der richtigen Ausrüstung und eine gute körperliche Verfassung. Natürlich kann man auch nur Teile des Weges erwandern oder die gesamte Strecke auf mehrere Jahre aufteilen. Nicht jeder hat das Glück, die Zeit dafür zu haben, die 3.620 Kilometer als Thruhike zu wandern.
Der Nord-Süd-Trail ist ein einzigartiges Projekt, das Wanderern die Möglichkeit bietet, Deutschland auf eine ganz besondere Weise zu erkunden. Wer die Herausforderung sucht und die Natur liebt, wird auf diesem Fernwanderweg auf seine Kosten kommen.
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21.04.2025 Start am nördlichen Trailhead - Sylt, eine Reise ans Ende Deutschlands
Dieses Jahr hat mir gleich mehreren schweren Schicksalsschlägen versetzt und ich bin froh, all diesen unerfreulichen und traurigen Geschehnissen entfliehen zu können. Auf der Wanderung werde ich Zeit haben, in Gedanken nochmals alles durchzugehen und das Geschehene zu verarbeiten. Nicht, dass ich mich darauf freue, aber es ist meine Art, die Dinge geschehen zu lassen und mit ihnen umgehen zu können. Darum ist der Nord-Süd-Trail für mich auch im Moment eher eine Pilger- und Trauerbewältigungswanderung.
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Die Zugfahrt von Heidelberg nach Sylt zog sich wie Kaugummi – zehn lange Stunden, in denen die Landschaft draußen langsam in ein spätwinterliches Grau überging. Doch die Vorfreude auf das, was mich erwartete, hielt die Müdigkeit in Schach. Sylt, die nördlichste Insel Deutschlands, im Vorfrühling. Eine Vorstellung, die einen ganz eigenen Reiz versprach.
Die Ankunft war still. Der Wind pfiff leise über den menschenleeren Bahnhof von Westerland. Die Luft roch nach Salz und einer Kühle, die tief in die Knochen kroch. Mein Plan für die Nacht war abenteuerlich: Cowboy Camping auf einem Aussichtspunkt, nur im Schlafsack, ohne Zelt. Die Wolken rauschten über mich hinweg, als ich mich in meinen warmen Schlafsack kuschelte und den Geräuschen der Nacht lauschte.
Der Morgen empfing mich mit einem feuchten Schleier. Grauer Himmel, kühle Luft – das typische norddeutsche Schmuddelwetter. Schlafsack und Rucksack waren klamm und der Tag versprach keine Besserung. Die Dünenlandschaft, die sich vor mir erstreckte, hatte aber auch in diesem Licht etwas Magisches. Die berühmte Spitze von Sylt, der nördlichste Punkt Deutschlands, lag still und verlassen da. Der Sand knirschte leise unter meinen Füßen.
Mein erster Weg führte mich zum nördlichen Startpunkt (Trailhead) des Nord-Süd-Trails (NST). Ein unscheinbares Schild markierte den Beginn einer langen Wanderung entlang der Westküste. Und dann hieß es: Kilometer machen am endlosen Strand von Sylt. Die Wellen der Nordsee rollten träge an den sandigen Ufern, Möwen kreischten in der Ferne. Keine Strandkörbe, keine Badegäste, keine laute Musik. Nur ich, der Wind und der weite, graue Himmel über mir.
Sylt im fast noch Winterschlaf – es ist eine andere Welt. Eine Welt der Stille, der rauen Schönheit und der unberührten Natur. Wer die Einsamkeit sucht und die Kraft der Elemente spüren möchte, der findet hier, ganz im Norden Deutschlands, ein ganz besonderes Erlebnis. Auch wenn die Sonne sich hinter dicken Wolken versteckt, die Magie dieser Insel ist spürbar – gerade jetzt, wo sie noch ganz für sich zu sein scheint.
Das ständige Nieselwetter war dann auch mit ein Grund, warum ich mich in Dikjen Deel, die Jugendherberge von Westerland einquartiert habe. Hier können meine Sachen trocknen und ich habe für den nächsten Tag „inklusiv Fresspaket“ gebucht: Petra, eine andere Solowanderin, die ich zufällig getroffen habe, hat mich eingeladen, zusammen mit ihr einen besonders schönen Teil von Sylt zu besuchen. Der „Ellenbogen“ liegt ganz im Norden der Insel und gehört ganz der Natur und den wenigen Wanderern, die bis dort hin kommen.
Die einsamen Stunden am Strand heute taten gut. Erinnerungen wachrufen und die Geschehnisse der letzten drei Wochen verarbeiten. Aber auch die Begegnungen taten gut. Mit dem in der Türkei geborenen Strandkiosk-Besitzer, der schon über 50 Jahre hier wohnt und mir einen Kaffee ausgegeben hat, einem jungen Mann, mit dem ich mich gut unterhalten habe und eben Petra, die gezwungen ist, alleine zu reisen, weil Mann und Tochter erkrankt sind. Nach einem Ausflug nach Amrum will ich übermorgen dann auf den NST (Nord-Süd-Trail) gehen, der entlang der dänischen Grenze nach Flensburg führt.
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Nach einer Nacht in der noch sehr ruhigen Jugendherberge bin ich heute vormittag ganz nach Süden gewandert, zum Hörnumer Leuchtturm. Um die Mittagszeit war ich wieder zurück in Westerland, um mich mit Petra zu treffen. Mit der Buslinie 5 sind wir dann hinauf zur nördlichsten Haltestelle Weststrand gefahren. Dank meines Deutschlandtickets kostet mich das nichts - hat schon einen eigenen Charme, so universell ohne weitere Gedanken an die Kosten reisen zu können.
Der Ellenbogen von Sylt ist ein ausgewiesenes Naturschutzgebiet und schützt die Vogelwelt mit ihren Brutplätzen, Robbenruheplätze sowie die empfindliche Pflanzengemeinschaft an diesem Übergang zwischen Wattenmeer und Nordsee. Bei Flut füllt sich das beachtliche Becken mit starken Strömungen und Wasserwirbeln. Es ist die nördlichste Landzunge Deutschland und doch nur 4 Kilometer von der dänischen Insel Römö entfernt. Bis zum Lister Leuchturm Ost sind es rund 6 km, was insgesamt eine schöne Rundwanderung ergab.