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Fernwandern bis zum Horizont
  • Amrum 1968

Amrum - Seitensprung

Die nordfriesische Insel Amrum liegt südlich von Sylt und westlich von Föhr im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Bekannt für ihren breiten Sandstrand, den Kniepsand, und ihre markanten Dünenlandschaften, bietet Amrum eine naturnahe Erholung. Die Insel beheimatet charmante Friesendörfer wie Norddorf, Nebel und Wittdün und ist ein beliebtes Ziel für Familien, Naturliebhaber und Wassersportler. Der charakteristische rot-weiß gestreifte Leuchtturm ist ein Wahrzeichen der Insel.

Die Insel Amrum ist ungefähr 10 Kilometer lang und bis zu 2,5 Kilometer breit, also nur ein Viertel von Sylt in der Länge. Es ist der 23.04.2025 und das Wetter spielt mit!

Die Älteren unter uns erinnern sich bestimmt: In unserer Kindheit ging die Urlaubsreise entweder an die Riviera oder an die Nordsee – so wie viele Menschen in der DDR den Sommer am liebsten an der Ostsee verbrachten. Mein Zwillingsbruder Thomas und ich waren sechs Jahre alt, als wir im Rahmen der Kinderverschickung sechs Wochen auf Amrum waren. Die gesunde Seeluft sollte noch bis in die späten 70iger Jahre der Gesundheit der Kinder dienen – oft mit einem bitteren Beigeschmack ob der Verhältnisse in diesen Erholungsheimen.

Der heutige Tag fühlt sich für mich wie eine Reise in diese ferne Vergangenheit an, in der wir unzertrennlich waren. Als die „Ältere“ von uns beiden war ich meist diejenige, die auf Dummheiten kam – Thomas zog dann mit. Später stellte ich mich aber auch oft schützend vor ihn, wenn ich ihn ungerecht behandelt fand.
Ich bin gespannt, ob ich noch etwas aus dieser Zeit wiedererkenne. Während sich auf Sylt viel verändert hat, ist auf Amrum die Zeit langsamer vergangen – ich bin gespannt.
Ah, noch eine kleine Geschichte am Rand: Auf der Heimfahrt von Amrum ins heimatliche Lahr verpassten wir, mein Bruder, ich und ein anderer Junge von sechs Jahren, beim Spielen das Aussteigen am Karlsruher Hauptbahnhof und fuhren also durch bis Stuttgart. Erst da fiel uns auf, dass wir zu weit gefahren waren. Man stellt uns drei Knirpsen dann auch eine Zugbegleitung an die Seite und mit der ging es wieder zurück nach Heidelberg.
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Um 10 Uhr mogelten sich Petra und ich auf die Fähre von Hörnum nach Wittdün. Mogelten, weil am Vortag hatte man uns noch recht schroff gesagt, es sei keine Kapazität mehr frei für die Überfahrt. Doch mit etwas Glück und einem freundlichen Lächeln sind wir dann doch auf die noch flachere Insel Amrum gekommen. Am Kniepsand haben wir „Mittagspause“ gemacht. Diese große Sandfläche vor der eigentlichen Insel ist der Schutz Amrums vor den Winterstürmen, die von anderen Inseln schon große Teile abgetragen haben. Hier gibt es „geduldete“ Standhütten – so lange sie ausschließlich aus Dingen zusammengezimmert sind, die Am Strand angeschwemmt wurden – vielleicht die Gelegenheit, dort die kommende Nacht zu verbringen. Denn die Jugendherberge ist – es sind Osterferien – komplett ausgebucht.

Alle Pausen unter freiem Himmel werden hier auch immer wieder zu einem Verteilungskampf. Denn sobald man sich hinsetzt, wird man von Möwen belagert, die nur darauf warten, in einem unaufmerksamen Moment ihren Anteil vom Pausenschmaus zu ergattern. Lästig und lustig gleichermaßen. Und noch sind keine Küstenseeschwalben da, die erheblich aggressiver ihr Brutrevier verteidigen.

Obwohl das Wetter gut und die flache Landschaft eine sanfte Ruhe ausstrahlt, bin ich traurig. Tief vergrabene Erinnerungen kommen in mir hoch und versetzen mich zurück in die Zeit, als der Blick in die Zukunft noch alle Möglichkeiten offen hielt. Die zurückliegende nahe Gegenwart bildet da fast einen völligen Gegensatz. Doch ich habe gelernt, mit solchen Momenten umzugehen, in denen die Zukunft im Dunkel liegt. Und außerdem sind meine Schutzengel immer wachsam und präsent! Traurigkeit gehört zum Leben wie das Lachen an besseren Tagen!