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Warum gibt es Blende und Belichtungszeit

Oder: wie beeinflussen diese beiden Werte das Aufnahmeergebnis einer Kamera

Bekanntermaßen sitzt das größte Problem bei Computern vor dem Bildschirm. Für den fotografischen Anfänger gilt das ähnlich, nur die Position ist eine andere: verlässt man die Vollautomatik moderner Kameras, wird es schnell ein Glücksspiel, ob das Bild noch was wird oder nicht. Dabei ist nicht der kreative An- und Einsatz gemeint, mit dem der Fotograph arbeitet, sondern die technische Umsetzung.

Ein unter- oder überbelichtetes Bild ist genauso wie ein verwackeltes Bild auch mit Photoshop und Co. meist nicht mehr zu retten.

Doch nun einmal konkreter: Sobald wir die Kamera in die Hand nehmen und sie nicht mehr auf dem Tisch liegt, wird das ganze Gerät mehr oder weniger zittern. Denn keiner kann seine Hand völlig ruhig halten, notfalls sorgt schon der Pulsschlag für kleinste Bewegungen. Denken wir uns nun einmal in Gedanken eine gerade, weiße Linie von dem Bildmotiv durch unser Objektiv hindurch bis zum Aufnahmechip (Sensor). Sofern das Objekt ruhig steht, wird der kleine weiße Punkt auf dem Sensor dennoch etwas hin und her hüpfen, weil unsere Hand leicht zittert.

Damit so ein hin und her hüpfender Punkt noch als ein Punkt von uns wahrgenommen wird, gibt es eine maximale Grenze, innerhalb der der Punkt von dem Ideal abweichen darf.  Diese Grenze kann man einhalten, indem man a. sich eine ruhigere Hand zulegt (oder sie irgendwie abstützt) oder b. die Belichtungszeit (Verschlußzeit) entsprechend kurz hält. Denn wenn der Punkt innerhalb der Zeit, in der der Aufnahmesensor Licht erhält, keine Zeit zum Wandern hat, erreicht man das Gleiche wie mit einer ruhigeren Hand. Daumenregel dazu: mindestens eine so kurze Verschlußzeit wie die Brennweite (okay, die Brennweite ist ein anderes Thema, aber hier nur ganz kurz: steht vorne auf dem Objektiv drauf, bei einem Zoomobjektiv ändert die sich je nach Wahl des Fotografen). Beispiel: 100mm Brennweite -> mindestens 1/100 Sekunde Belichtungszeit oder besser kürzer.

Also wir merken: Belichtungszeit ist wichtig für die Schärfe und hängt ab von der Brennweite

Nun zur sogenannten Blende. Das ist eine Öffnung innerhalb des Objektives, die man normalerweise nicht sieht (wer sich schon mal selbst fotografiert hat und dabei ganz genau in die Linse geschaut hat, hat sie vielleicht kurz zu und wieder auf gehen sehen). Diese Öffnung liegt im Lichtgang des Objektives und kann in ihrer Größe variiert werden. Vergleichbar ist das einem Rollladen vor einem Fenster: Umso weiter der Rollladen geschlossen wird, desto dunkler wird es im Zimmer dahinter.

Und genau dafür braucht man die Blende: Ist es zu hell für den Aufnahmesensor, dann schließt man die Blende, reduziert dadurch also die Lichtmenge. Aber Achtung, macht man zu weit zu, verlängert sich die Belichtungszeit – und damit die Gefahr, zu verwackeln, also ein unscharfes Bild zu erhalten.

Wir wollen uns das mal wieder konkret aus der Sicht der Kamera anschauen:

Wie wir schon gelernt haben, sind die Pixel auf dem Aufnahmesensor dafür zuständig, die durch das Objektiv kommenden Lichtphotonen aufzufangen und in ihrem Körbchen zu sammeln.

Tummeln sich nun sehr viele Lichtphotonen draussen vor der Kamera, können die Pixel gar nicht so schnell die hereinströmenden Photonen einsammeln und es kommt zum Körbchenüberlauf. Auf dem Bild bilden sich dann Bereich aus, in denen nix mehr ausser Weiß zu sehen ist. Ausserdem mögen die Pixel zu viel Licht gar nicht. Wir kennen das von uns selbst: zu viel draussen auf der Terrasse Sonnenbaden schadet unserer Haut.

Um nun das Millionenheer der Lichtphotonen einzudämmen kann man den sogenannten Verschluß bemühen. Klassisch ist das in Spiegelreflexkameras ein Vorhang, der ganz schnell auf und wieder zu geht. In der Zeit, in der er auf ist, können die Photonen bis zum Sensor durch, dann wieder nicht mehr. Einige Photonen bekommen gewiss was auf den Kopf, wenn der Verschluß einer Guillotine gleich wieder herabrast – aber das stört die Kleinen nicht weiter.

Schlimmer ist das dann schon an der Blende. Wird sie weiter geschlossen, drängeln ja nach wie vor Millionen und Abermillionen Lichtphotonen durch das Objektiv bis zur Blende. Und da kommt es dann zum Stau. Alle wollen durch das kleine Loch hindurch. Und wie bei einer Menschenmenge, die durch eine enge Tür will, quetschen sich einige am Rand entlang. Sie strömen dann nicht geradeaus durch die Tür, sondern werden nach links und rechts verdrängt. Es kommt zur sogenannten Beugung – man beugt sich sozusagen der nachdrängenden Masse und weicht, hat man die Blende erst einmal passiert,  so schnell wie möglich aus. Ums kleiner die Blendenöffnung, desto mehr Geschubse und Gedränge unter den Lichtphotonen und desto mehr Beugung.

Diese Lichtphotonen, die nun nach links und rechts davonstreben, die landen nicht an der Stelle, wo sie eigentlich hin gehören, sondern irgendwo anders auf dem Aufnahmesensor. Sie sorgen dafür, dass das Bild unscharf wird, denn sie haben sich ja verirrt, werden ins falsche Körbchen gesteckt und ergeben eine falsche Information über die Situation draussen vor der Kamera.

Also merken wir uns: Mit der Blende kann man die Photonenmenge regeln, aber zu sehr sollte man sie nicht drängeln lassen - sonst wir das Bild wieder unscharf.

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