11.07.2010 Paddelboot-Tour auf dem Geirangerfjord

Der Morgen empfängt uns mit Wolken. Aber es zeigen sich auch blaue Lücken. Und vor allem liegt das Wasser im Fjordende wie ein Spiegel eben: Windstille!
Also ist klar, wie machen eine Paddeltour. Natürlich könnten wir uns ein kleines Boot mit Außenborder mieten. Aber mit eigener Muskelkraft zu den Seven Sisters: das ist unser Ziel.

Direkt im Campingplatz in Geiranger ist die Vermietstation von Costal Odyssey (Tel. +47 951 18 062). Für 800 NOK (= 100 EUR) darf man 3-5 Stunden den Fjord erkunden. Da man bis zu den Seven Sisters (Gruppe von Wasserfällen) 1,5 Stunden braucht, ist das sehr geschickt gestuft. 1-2 Stunden kosten 400 NOK (= 50 EUR), reichen aber nur für einen kleineren Rundtripp im „Hafenbecken“.

Bei zunehmend besserem Wetter steuern wir gleich den ersten großen Wasserfall auf der rechten Seite (fjordauswärts) an. Schön, man kann anlanden und aussteigen.

Dann geht es weiter zu dem schönen Schleierwasserfall der Seven Sisters. Das ist schon mal ein Stück zu Paddeln. Abwechslung bringen die beiden Fjordfähren und an diesem Tag gleich drei mittlere Kreuzfahrtschiffe. Wir paddeln hin und her über den Fjord, um immer mal wieder einen anderen Blickwinkel zu haben (z.B. Kreuzfahrer vor Seven Sisters Wasserfall).
Ja, und dann landen wir an, ziehen das Boot weit hoch und machen Pause. Wie bestellt fährt ein anderer Kreuzfahrer vorbei. Die Wellen schlagen hoch, obwohl das große Schiff nur geringe Fahrt macht. Sonne scheint und wir beginnen zu schwitzen.

Noch ein Stückchen weiter fahren wir Richtung Hellesylt, schauen um die Ecke des Fjordes. Dann müssen wir umdrehen.
Leider kommt Wind auf – natürlich von vorne. Dich unter dem Land fahren wir zurück, meiden den offenen und zugigen Fjord. Dicke Wolken schieben sich über uns und lassen der Sonne kaum noch Gelegenheit, die Szenerie zu erleuchten.

Bei dem Anlandeplatz Skogahola passieren wir einen großen Wasserfall („Freier“ genannt. Da er die Sieben Schwestern zwar sieht, aber keine davon bekommt, greift er zur Flasche (in der Mitte des Wasserfalls zu sehen).
Dann fahren wir über einen Kilometer lang unter überhängenden Felswänden, die 500m über uns aufragen. Schon ein mulmiges Gefühl, könnte doch jederzeit ein Felsbrocken herabstürzen. Deswegen lieber etwas Abstand – aber da ist der Gegenwind.

Während wir zurück paddeln passiert das Hurtigrutenschiff Polarlys unser winziges Boot. Bis wir auch um die Ecke sind, stehen zwei große Schiffe quer im Fjordende. Die Delphine mit rund 700 Passagieren (die Luminosa hatte 2800) und die Polarlys versperren den Weg.
Aber die beiden großen Boote schirmen auch den Wind etwas ab. Wir sind schon spät und müssen langsam wieder zurück. Also Zähne zusammen beißen und gegen den immer stärker werdenden Wind angepaddelt. Pünktlich nach 5 Stunden geben wir das Boot zurück. Ein schöner Tag ist damit schon mal fast zu Ende.

Die gesamte Tour war 18km lang. Würde man nur zu den Seven Sisters und zurück wären es etwa 15-16km.

Von Geiranger aus fahren wir die RV 15 hinauf Richtung Dalsnibba. Von Meereshöhe geht es auf 1000m Höhe. Hier liegt noch Schnee und schwimmt Eis auf dem großen Stausee.
Ein kahles Hochgebirgstal geht es entlang Richtung Grotli. Langsam fällt die Straße auf den folgenden 50-60km wieder ab Richtung Lom, das sich früh schon mit bäuerlichen Betrieben ankündigt.

Lom ist das Zentrum für den Zustieg zu den Jotunheimen. Allerdings sind es noch ein paar Kilometer auf der RV55 zum Abzweig Spliterstolen. Diese Mautstraße führt bis auf 1800m Höhe hinauf und ist Ausgangspunkt für die Besteigung des höchsten Berges von Norwegen, den Galdhöppigen (2469m).

Das Wetter ist grauenhaft und die Wolkendecke so dunkel, dass man meinen könnte, es wäre schon Nacht.

Die RV55 (Sognefjellstraße) steigt, zunächst fast unmerklich, aber schließlich sehr deutlich bis auf 1443m Höhe an. Das ist der höchste Bergpass Nordeuropas. Wir sind im Gebiet der Sognefjell und der Breheime. Gerade so in den Wolken stecken die Gipfel der eistragenden Berge hier. Weite Trogtäler und ein 1400 Höhenmeter langer Abstieg Richtung Luster/Gaupne sind die Highlights dieser schönen, „hochalpinen“ Fahrtstrecke.

Etwa in der Hälfte passiert man den eher unscheinbaren Punkt, der mit 1443m den höchsten Pass Nordeuropas markiert. Was für ein Kontrast zu den gerade eben noch durchfahrenen, fruchtbaren Tälern. Karges Hochgebirge, gletschertragende Berggipfel, rauschende Wasserfälle.

Wir sind nun das dritte Mal hier und sehen das dritte Mal die höchsten Berge Norwegens nicht. Ein wenig frustriert folgen wir also der RV55 wieder hinab. Nach kurvenreicher Abfahrt kommt man wieder einmal am Meer an. Der Lustrafjord ist ein Seitenarm des Sognejords. Dieser ragt mit all seinen Verästelungen mehr als 200km ins Landesinnere.

An der Streugemeinde Luster vorbei (wieder Obst und Erdbeeren) geht es nach Gaupne. Hier würde man abbiegen können zum Nigardsbreen. Dieser Seitenarm des Jostedalbreens (Europas größter Gletscher außerhalb Grönlands) kann per geführter Tour (See muß mit Boot überquert werden) bestiegen werden. Viel Trubel!

Alternativ und abgelegener, dafür aber etwas anstrengender ist die Tour zum Austerdalsbreen direkt nebenan.
Bei Hafslo geht es Richtung Nes / Neset. Die fast 45km lange Fahrt in die Sackgasse hinein ist schon alleine die Fahrt wert. Eine bucklige, schmale Straße folgt fast 20km lang dem Ufer des Veitastrondsvatnet. Immer wieder ergeben sich herrliche Fotomotive.
Man wundert sich, wie viele Tunnel die alte Uferstraße abkürzen. Aber schließlich klärt sich das: Am Ende des Sees weitet sich das Tal und etliche Bauernhöfe bilden eine große Streugemeinde. Dafür also ist die Straße doch etwas besser ausgebaut worden.

Hier erreicht man dann schließlich auch ein Gatter und eine Mautstation. Noch ganz klassisch mit Zettel, auf den man Ankunftstag und Fahrzeugkennzeichen drauf schreibt. Und den anhängenden Beutel füllt man mit 30 NOK und steckt ihn in einen Briefkasten. Das Ganze in einer Art Bushaltestelle aus Holz. Vertrauen gegen Vertrauen ist das eben.

Die folgenden 13km sind zwar unbefestigt, aber in einem besseren Zustand wie manch Kilometer zuvor. Bei Tungestölen erreicht man schließlich das Ende. Das Ende der Straße und gefühlt auch das Ende der Zivilisation. Seit unserem ersten Besuch 1991 sind zwar etliche Hütten dazu gekommen. Aber an dem Gefühl der Abgeschiedenheit ändert das nicht sehr viel.
Auf der weiten Schwemmlandfläche zweier Gletschertäler finden wir einen schönen, abgelegenen Nachtplatz. Herrlich – auch wenn das Wetter nicht mitspielt und die Berggipfel freigibt. Wieder einmal kein Sonnenuntergang.

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